Der russische COVID-19 Impfstoff Sputnik V zeigt gute Verträglichkeit und exzellente Wirksamkeit auch bei der älteren Bevölkerung

Do 04.02.2021.... Inge Schuster Inge SchusterIcon Medizin

Vorgestern ist der Zwischenbericht zu Wirksamkeit und Sicherheit des russischen Corona-Impfstoffes Gam-COVID-Vac ("Sputnik V") im Fachjournal Lancet erschienen und die Daten sind beindruckend [1]. In der noch laufenden klinischen Phase 3 Studie wurden rund 20 000 Probanden im Abstand von 21 Tagen mit 2 Serotypen des Adenovirus-basierten Vektor-Impfstoffs geimpft. Die Impfung zeigte über alle Altersgruppen (18 bis über 60 Jahre) hinweg Wirksamkeiten von 91,6 % und keine limitierenden Nebenwirkungen.

Seit März 2020 ist die Corona-Pandemie das Hauptthema im ScienceBlog. Anschliessend an eine kurze Darstellung der neuen Daten zu Sputnik V findet sich eine Liste der 25 bis jetzt erschienenen Artikel.

Wie im Falle der drei, bereits in der EU registrierten COVID-19 Vakzinen, konnte auch der Vektor-Impfstoff Sputnik V auf dem Boden langjähriger Expertise beschleunigt designt und entwickelt werden. Unter dem Leiter der aktuellen Studie Denis Y. Logunow (Gamaleya Nationales Forschungszentrum für Epidemiologie und Mikrobiologie, Moscow, Russia) war bereits ein Ebola-Impfstoff erfolgreich entwickelt und (in Russland) registriert worden und ein Impfstoff gegen das MERS-Coronavirus bis in die klinische Phase 2 gebracht.

Sputnik V

baut auf diesen Erfahrungen auf. Sputnik V basiert auf dem Prinzip eines modifizierten, nicht vermehrungsfähigen humanen Adenovirus, in den das kodierende Gen für das Spike-Protein eingeschleust wurde, dem Protein mit dem SARS-CoV-2 an die Wirtszellen andockt (siehe dazu [2]). Um eine robuste Immunantwort zu erhalten, werden 2 Dosen Sputnik im Abstand von 21 Tagen appliziert; die erste Dosis besteht aus dem modifizierten Adenovirus Typ 26 (rAd26-S) und die zweite, zur Steigerung ("Boosten") der Reaktion aus dem modifizierten Adenovirus Typ 5 (rAd5-S)). (Da die zweifache Impfung mit einem Vektor zum Aufbau einer massiven Immunantwort gegen Komponenten des Vektors selbst führen kann, welche die erwünschte Immunantwort gegen das Spike-Protein schwächen könnte, hofft man eine solche Reaktion mit zwei unterschiedlichen Vektoren zu minimieren.)

Die Phase 3-Studie

In der noch weiterlaufenden klinischen Phase 3 Studie - randomisiert, Plazebo-kontrolliert und doppelt-blind - wurden bis jetzt rund 20 000 freiwillige Probanden untersucht. 75 % der Probanden wurden dabei mit der Vakzine, 25 % mit dem Placebo geimpft. Die Probanden gehörten den Altersgruppen 18 - 30 Jahre, 31 - 40 Jahre, 41 - 50 Jahre, 51 - 60 Jahre und über 60 Jahre an. (Zur letzten Altersgruppe gehörten immerhin mehr als 2100 Probanden, rund 18 % waren 70 - 84 Jahre alt.)

Insgesamt litt ungefähr ein Viertel der Probanden unter Begleiterkrankungen, bei den über 60-Jährigen waren es mehr als 46% (Bluthochdruck, , koronare Herzerkrankungen, Adipositas, u.a.)

Der Schutzeffekt der Impfung gegen COVID-19 wurde ab etwa dem 18. Tag nach der ersten Sputnik-Dose evident.

Bei einer gleich guten Verträglichkeit, wie sie auch in den Untersuchungen mit den mRNA-Impfstoffen von Pfizer /BionTech und Moderna/NIAID und dem Vektor-Impfstoff von AstraZeneeca beobachtet wurde, erzielte Sputnik V ab dem 21. Tag nach der ersten Impfung eine sehr hohe Wirksamkeit von 91,6 % in allen Altersgruppen: COVID-19 wurde bei 62 (1•3%) der 4902 Personen in der Placebo-Gruppe und  bei 16 (0•1%) der 14 964 Personen in der Vakzine-Gruppe festgestellt. (In der Gruppe der über 60-Jährigen befanden sich immerhin 1611 Probanden in der Vakzine Gruppe und 533 in der Plazebogruppe: 2 COVID-19 Fälle wurden in der Vakzine-Gruppe, 8 in der Placebogruppe nachgewiesen.)

Fazit

Sputnik V scheint über alle Altersstufen hinweg verträglich und hochwirksam zu sein. Während für den wesentlich schwächer wirksamen, ebenfalls auf Adenoviren basierenden Impfstoff von AstraZeneca noch verlässliche Daten zur Wirksamkeit bei der älteren Bevölkerung (d.i. ab 55 Jahren) und bei Menschen mit Begleiterkrankungen - trotz Freigabe durch die EMA - fehlen, sind solche Daten in der Sputnik V Studie zweifelsfrei erhoben. Darüber hinaus zeichnet sich Sputnik V - im Vergleich zu den gleich exzellenten mRNA-Impfstoffen - durch hohe Stabilität und Lagerfähigkeit (in gefrorenem oder lyophilisiertem Zustand) aus.

Sputnik V ist somit eine wertvolle Bereicherung des Arsenals an Impfstoffen zur Eindämmung der COVID-19. Pandemie.


[1] D.Y.Logunow et al.,: Safety and efficacy of an rAd26 and rAd5 vector-based heterologous prime-boost COVID-19 vaccine: an interim analysis of a randomised controlled phase 3 trial in Russia. Published Online February 2, 2021 https://doi.org/10.1016/ S0140-6736(21)00234-8

[2] Inge Schuster, 22.01.2021: COVID-19-Impfstoffe - ein Update


Zur Corona-Pandemie bis jetzt erschienene Artikel im ScienceBlog


 

Comments

Rita (not verified)

Fri, 05.02.2021 - 07:04

Wie aktuell die Autorin ist, zeigt wieder einmal dieser Beitrag.
Es ist für mich beschämend, mit wieviel Kritik und gar Häme die Entwicklung und Testung des russischen Impfstoffs Sputnik V zuvor in Westeuropa (zumindest in Deutschland) begleitet wurde. Nun können wir vielleicht froh sein, wenn er in Dessau produziert werden kann, um uns danach zur Verfügung zu stehen und das europäische Portfolio zu füllen. Obige Kritiker sollten nachdenken und sich vielleicht auch hier und da entschuldigen.

Rita Berrnhardt