Fr 22.01.2021.... Inge Schuster
Ein vor 8 Wochen erschienener ScienceBlog-Artikel hat einen Überblick über die rasante Entwicklung von COVID-19 Impfstoffen gegeben [1]. Zu diesem Zeitpunkt wurden bereits 58 Impfstoff-Kandidaten in der Klinik untersucht, 11 davon befanden sich in der entscheidenden Phase 3. Drei Kandidaten - von Pfizer/BioNTech, Moderna/NIAID und AstraZeneca/University Oxford - standen kurz vor der behördlichen Zulassung durch die FDA und EMA . Zu deren Wirksamkeit und Sicherheit erfuhr man - allerdings nur in Form von Presseaussendungen der produzierenden Unternehmen - phantastische Angaben. Seit Kurzem liegen nun die Ergebnisse der klinischen Studien in publizierter Form vor. Der folgende Artikel fasst wesentliche Daten zusammen.
Das vergangene Jahr 2020 wird als Jahr der Corona-Pandemie in die Geschichte eingehen, einer Pandemie, die sich mit rasantem Tempo über den gesamten Erdball, bis in die Antarktis hin, ausgebreitet hat und bereits mehr als 96 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert und über 2 Millionen Todesfälle hervorgerufen hat (dashboard der John-Hopkins-University: https://www.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6be. Innerhalb kürzester Zeit hat das Virus das gewohnte Leben, die sozialen Kontakte lahmgelegt, die Wirtschaft auf ein Mindestmaß reduziert und Staaten, die Rettungsschirme für die stillgelegten Betriebe und das Heer an beschäftigungslosen Menschen aufspannten, bis in die dritte Generation hinein in Schulden gestürzt.
Wissenschaft, die erfolgreiche Waffe gegen COVID-19
Die bis dato nie gekannte Notsituation machte 2020 aber auch zu einem Jahr, welches die Wissenschaft zu einer bisher ungeahnten Hochform der globalen Zusammenarbeit auflaufen ließ. Wissenschafter aus den verschiedensten Disziplinen der Naturwissenschaften und der Medizin, aus akademischen Institutionen ebenso wie aus kommerziellen Unternehmen gingen globale Partnerschaften ein und tauschten freizügig ihre Forschungsergebnisse aus, welche eine Reihe von Verlagen temporär für jedermann öffentlich zugänglich machte. Auf der Suche nach dringendst benötigten Mitteln zu Prävention und Therapie der neuen Infektionskrankheit fanden die Forscher bei den puncto Wissenschaft ansonsten äußerst sparsamen Regierungen und internationalen Organisationen großzügige Unterstützung. Das in der Öffentlichkeit bisher wenig beachtete Fach der Virologie lieferte nun täglich Headlines in Presse und Unterhaltungsmedien.
Die Investition in die Wissenschaft hat zum Erfolg geführt. Aufbauend auf den Ergebnissen jahrelanger Grundlagenforschung wurde es möglich Impfstoffe schneller als erhofft zu designen und zu entwickeln. Derzeit befinden sich 291 Kandidaten in der Entwicklung, davon 221 in der präklinischen Entwicklung und bereits 70 in der klinischen Prüfung, in der Wirksamkeit und sichere Anwendung untersucht werden [2]. 20 Impfstoffkandidaten sind in der letzten, entscheidenden Phase 3 (COVID-19 vaccine tracker: https://vac-lshtm.shinyapps.io/ncov_vaccine_landscape/)
Zwei dieser Impfstoffe - BNT162b2 von Pfizer/BioNTech und mRNA-1723 von Moderna/NIAID -, die das neue Prinzip der mRNA-Vakzinen realisieren, haben die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel (FDA) als Notfallzulassung und die Europäische Arzneimittel Agentur (EMA) als bedingte Zulassung bereits anerkannt. Die Entscheidung über die Zulassung eines dritten, auf dem Vektorprinzip beruhenden Impfstoffs ChAdOx1 von AstraZeneca/Oxford University (in UK bereits eine Notfallzulassung) wird in der EU Ende Jänner erfolgen. Der ungemein schnellen Entwicklung war es zuzuschreiben, dass man die phantastisch anmutenden Ergebnisse der klinischen Studien vorerst nur aus Pressemeldungen der Unternehmen vernehmen konnte [1]. Nun sind die Ergebnisse seit Kurzem publiziert und öffentlich zugänglich [2], [3], [4]. Im Folgenden sollen wesentliche Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit der drei Impfstoffe zusammengefasst werden.
Wie funktionieren die 3 Impfstoffe?
Die mRNA-Impfstoffe
Sowohl der Pfizer/BioNTech-Impfstoff BNT162b2 ("Tozinameran") als auch der Moderna/NIAID-Impfstoff mRNA-1723 sind erste Vertreter einer neuen Technologie, der sogenannten mRNA-Impfstoffe. Diese enthalten nicht das (inaktivierte) Virus selbst oder Komponenten des Virus sondern nutzen die mRNA als Bauanleitung für Virus-Proteine, gegen die eine Immunantwort zu erwarten ist. Im konkreten Fall der beiden Impfstoffe ist es die Bauanleitung für das Spike-Protein, mit dem das Virus an die Wirtszellen andockt. Da die mRNA ein physikalisch, thermisch und biologisch sehr instabiles Molekül ist, würde sie - direkt injiziert - bereits abgebaut sein, bevor sie in die Körperzellen aufgenommen wird und dort in das Spike-Protein übersetzt werden kann. Um dies zu verhindern, wurden winzige Lipidkügelchen - Lipid-Nanopartikel - designt, in welchen die mRNA geschützt vorliegt und - in den Oberarmmuskel injiziert- die Aufnahme in die umliegenden Zellen ermöglicht wird. In den Zellen braucht die mRNA nicht in den Zellkern vorzudringen; sie verbleibt im Cytosol der Zelle und wird dort an den Ribosomen in das Spike-Protein übersetzt. Dieses Protein kann dann in seiner nativen Form an die Zelloberfläche gelangen und sezerniert werden. Es kann aber auch vom Abbauapparat der Zelle degradiert, in Form von Peptiden an der Zelloberfläche präsentiert werden, die dann von den Zellen des adaptiven Immunsystems als fremd erkannt werden und deren Reaktion auslösen. Diese Reaktion führt zur Bildung von Antikörpern und zur Aktivierung von T-Zellen (weißen Blutkörperchen) gegen den Fremdstoff. Die mRNA selbst ist kurzlebig und wird in den Zellen schnell abgebaut.
Eine kürzlich von der Royal Society of Chemistry herausgegebene Grafik fasst die Natur der mRNA-Vakzinen und ihre Wirkungsweise zusammen. Abbildung 1.
Abbildung 1. Was sind mRNA-Impfstoffe und wie wirken sie? (Quelle: Andy Brunning for the Royal Society of Chemistry, www.compoundchem.com. Da das Bild unter einer cc-by.nc-nd-Lizenz steht, musste von einer Übersetzung abgesehen werden.) |
Sowohl der Pfizer-Impfstoff als auch der Moderna-Impfstoff basieren auf der mRNA-Sequenz, die für das Spikeprotein kodiert und zwar (durch Austausch zweier Aminosäuren) in der stabilisierten Konformation, die dieses vor der Fusion mit der Zellmembran einnimmt (womit auch seine Immunogenität gesteigert wird).
Ein wesentlicher Unterschied der beiden Vakzinen besteht aber in der Zusammensetzung der Lipid-Nanopartikel und daraus resultierend in deren Stabilität. Während der unverdünnte Pfizer-Impfstoff bei Temperaturen von -80oC bis -60oC gelagert werden muss, nach der Verdünnung bei Raumtemperatur maximal 6 Stunden haltbar ist, nicht geschüttelt werden darf und vorsichtig pipettiert werden muss (um Scherkräfte zu vermeiden) und dazu möglichst dunkel gehalten werden sollte, ist der Moderna-Impfstoff wesentlich stabiler. Ungeöffnete Ampullen können bei Kühlschranktemperaturen bis zu 30 Tagen gelagert werden und bis zu 12 Stunden bei 8o - 25oC. Impfungen mit dem Pfizer-Impfstoff sind damit auf Impfzentren und mobile Teams, die in Pflegeeinrichtungen kommen, beschränkt .
Der Vektor-Impfstoff
Bei CHAdOx1 von AstraZeneca/Oxford University handelt es sich um einen sogenannten Vektorimpfstoff. Dieser basiert auf einem im Menschen nicht vermehrungsfähigen Adenovirus des Schimpansen, in dessen Genom das Gen für das Spike-Protein von SARS-CoV-2 eingebracht ist. Bei der Impfung dringt der Vektor in einige Wirtszellen ein, das Spike-Gen gelangt in den Zellkern, wo es in seine mRNA und dann in das Spike Protein übersetzt wird, welches - ebenso wie im Fall der mRNA-Vakzinen - die Immunantwort auslöst. (Natürlich werden auch Teile des Vektorgenoms übersetzt und lösen ebenfalls eine Immunantwort aus.)
Abbildung 2 fasst Art und Wirkungsweise dieses Impfstofftyps zusammen.
Abbildung 2. Was sind Vektorimpfstoffe und wie funktionieren sie? (Quelle: Andy Brunning for the Royal Society of Chemistry, www.compoundchem.com. Da das Bild unter einer cc-by.nc-nd-Lizenz steht, musste von einer Übersetzung abgesehen werden.) |
ChAdOx1 ist Im Vergleich zu den mRNA-Impfstoffen wesentlich billiger (die EU hat angeblich um rund 1,8 €/Dosis geordert) und kann bei Kühlschranktemperaturen lange gelagert werden . Dies erleichtert die Lieferung und Anwendung auch in ländlichen Gebieten.
Zur Wirksamkeit der Impfstoffe
Die Ergebnisse der (noch laufenden) randomisierten Phase 3 Studien (Doppel-Blind, Impfstoff gegen Placebo) mit den beiden mRNA-Impfstoffen sind phantastisch [2, 3]. Geimpft wurden jeweils zwei Dosen, die im Abstand von drei Wochen (Pfizer) oder 4 Wochen (Moderna) verabreicht wurden. Bei den Probanden handelte es sich um Erwachsene im Alter von 16/18 - über 65 Jahren - etwa gleich viele Frauen und Männer - , darunter auch solche mit gesundheitlichen Risikofaktoren (inklusive HIV). Die Wirksamkeit wurde auf Grund des Auftretens von mindestens 2 charakteristischen COVID-19 Symptomen plus bestätigendem PCR-Test ermittelt.
Der Pfizer-Impfstoff
Rund 18 900 Probanden wurden jeweils für die mRNA-Gruppe (30 µg in Lipid-Nanopartikeln verpackt) und die Placebo-Gruppe rekrutiert, darunter auch eine Gruppe von jeweils rund 800 Personen, die 75 - 85 Jahre alt waren. Die Probanden erhielten 2 Dosen des Impfstoffs/Placebos im Abstand von 21 Tagen. Eine Analyse der COVID-19 Fälle, die nach der 1. Dosis auftraten, zeigt an, wann der Impfschutz zu wirken begann. Etwa 12 Tage nach der 1. Dosis begann die Inzidenz von COVID-19 in der mRNA-Gruppe(39 Fälle) stark abzuflachen, während sie in der Placebo-Gruppe (82 Fälle) linear weiter anstieg (Abbildung 3 oben). In der Woche nach der 2.Dosis wurden 2 Fälle in der mRNA-Gruppe und 21 Fälle in der Placebo-Gruppe beobachtet, in der darauffolgenden Zeit bis zum Ende der Beobachtung (105 Tage) 9/172 Fälle in mRNA-/Placebo-Gruppen. Über die Probanden gemittelt ergibt dies ein Wirksamkeit von rund 95 %.
Erfreulicherweise zeigte sich die sehr hohe Wirksamkeit in allen Altersstufen (bestimmt 7 Tage nach Dosis 2): 95,1 % bei den 16 - 64-Jährigen. 92,7 % bei den 65 - 74-Jährigen; bei den relativ kleinen Gruppen der über 75-Jährigen trat kein Fall in der mRNA-Gruppe auf, 5 Fälle dagegen in der Placebo-Gruppe.
Der Moderna-Impfstoff
wurde an Probanden im Alter von 18 - > 65 Jahren getestet; rund 14 600 erhielten die Vakzine (100 µg mRNA in Lipid-Nanopartikeln eingeschlossen), etwa ebenso viele Placebo [3]. Bereits 14 Tage nach der 1. Dosis konnte eine fast 70 % Reduktion der COVID-19 Fälle in der mRNA-geimpften Gruppe (5/16 COVID-19 Fälle) gegenüber der Placebo-Gruppe beobachtet werden. In den folgenden 2 Wochen bis zur Impfung der 2. Dosis gab es in der mRNA-Gruppe 2/37 Fälle, in den darauf folgenden 14 Tagen 0/19 Fälle und sodann bis zum derzeitigen Ende der Beobachtungszeit (25.November 2020; 120 Tage) 12/216 Fälle. Über alle Probanden gemittelt ergab dies ein Wirksamkeit von 94,1 %.
Nach Altersgruppen analysiert lag die Wirksamkeit bei Probanden unter 65 Jahren (rund 10 500) bei 95,6 %, bei der kleineren Gruppe der über 65-Jährigen (rund 3 500 ) bei 86,4 %.
Abbildung 3 vergleicht die Wirksamkeiten der beiden mRNA-Impfstoffe gemessen an der Inzidenz von COVID-19 Erkrankungen beginnend von der 1. Dosis über die 2. Dosis bis zum gegenwärtigen Ende der Beobachtungszeit.
Abbildung 3. Wirksamkeit der beiden mRNA-Impfstoffe gemessen am Auftreten von COVID-19 Erkrankungen. In beiden Fällen werden rund 95 % der Probanden durch die Impfung geschützt. Schwere COVID-19 Erkrankungen traten bei der Pfizer-Impfstoffstudie mit einer Ausnahme nur in der Placebo-Gruppe auf (schwarze Punkte), bei der Moderna-Impfstoffstudie gab es 30 schwere Erkrankungen ausschließlich in der Placebo-Gruppe. (Bilder für den Blog adaptiert aus [2 und 3], diese stehen unter einer cc-by-Lizenz) |
Der Vektor-Impfstoff
Die publizierten Zwischenergebnisse stammen von rund 11 600 Probanden in England und Brasilien [4]. Der Vektorimpfstoff ChAdOx1 - ein nicht vermehrungsfähiger Adenovirus des Schimpansen, in dessen Genom das Gen für das Spike-Protein von SARS-CoV-2 eingebracht ist - wurde in Standarddosen von 50 Milliarden Viruspartikeln angewandt, als Kontrolle fungierte anstelle einer Kochsalzlösung die Meningokokken-Vakzine MenACWY. Zum Unterschied zu den Studien mit den mRNA-Impfstoffen wurden hier ausschließlich gesunde Erwachsene rekrutiert, der überwiegende Teil (86,7 %) im Alter von 18 - 55 Jahren. Diese sollten jeweils 2 Standarddosen im Abstand von 28 Tagen erhalten; allerdings, sowohl die Dosierungen als auch das Impfintervall variierte.
Für eine der beiden in England laufenden Studien (mit kleinerer Probandenzahl, ausschließlich im Alter 18 - 55 Jahre) enthielten die Ampullen irrtümlich nur die Hälfte des Vektorimpfstoffs. AstraZeneca veränderte darauf das Studienprotokoll in der Form, dass die Probanden nach der 1. halben Dosis die Standarddosis als zweite Impfung erhielten. (Die Behörden stimmten zu.)
Im Vergleich zu den mRNA-Impfstoffen war die Wirksamkeit des Vektorimpfstoffs niedriger. Mehr als 14 Tage nach der zweiten Standarddosis wurde sowohl in der englischen als auch in der brasilianischen Studie eine COVID-19-Inzidenz von 0,6 % bei den mit ChAdOx1 behandelten Probanden gegenüber 1,6 % der mit dem Kontrollimpfstoff behandelten festgestellt, entsprechend einer Wirksamkeit von 62 %. Erstaunlicherweise erbrachte die oben erwähnte Studie mit zuerst halber Dosis und dann Standarddosis bei 3 COVID-19-Fällen gegenüber 30 Fällen in der Kontrollgruppe eine Wirksamkeit von 90 %.
AstraZeneca hat die Ergebnisse aus den 3 offensichtlich unterschiedlichen Studien gepoolt und ist daraus schlussendlich zu einer Wirksamkeit von 70 % gelangt. Wieweit ein solches Vorgehen lege artis ist, soll hier nicht beurteilt werden. AstraZeneca will jedenfalls der Frage nachgehen ob eine erst niedrigere Impfstoffdosis gefolgt von einer höheren tatsächlich zu einer besseren Wirksamkeit führt. Abbildung 4 zeigt die Inzidenz von COVID-19 Erkrankungen nach der Impfung mit ChAdOx1.
Abbildung 4. Kumulierte Inzidenz von symptomatischer COVID-19 Erkrankung. Links: nach der zweiten Dosis des Vektorimpfstoffs ChAdOx1, wobei die 1. Impfung mit der halben Dosis( LD) oder vollen Standarddosis (SD) , die 2. Impfung mit der Standarddosis erfolgt ist. Rechts: nach der ersten Dosis bei Probanden, die nur Standarddosen erhielten. Als Kontrolle fungierte die Meningokokken-Vakzine MenACWY. (Bild aus [4] Lancet. 2021 Jan 9; 397(10269): 99–111. Lizenz cc-by 4.0) |
Nebenwirkungen
treten bei allen drei Impfstoffen auf und sind zum größten Teil mild oder moderat und vorübergehend.
Lokale Reaktionen an der Einstichstelle wie Schmerz, Rötung, Schwellung (Verhärtung) treten in der Gruppe der Geimpften wesentlich häufiger als in der Placebo/Kontrollgruppe und können auch als ein Anspringen der Immunantwort gesehen werden. Hier, in den Muskelzellen findet ja die Umsetzung der mRNA in das Spike-Protein statt, gegen welches das Immunsystem nun massiv auffahren soll! Die beiden mRNA-Vakzinen ebenso wie die Vektorvakzine können bei an die 80 % der Probanden solche Reaktionen hervorrufen.
Allgemeine Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost Übelkeit sind bei 30 - 60 % der Probanden etwa 24 Stunden nach beiden Impfdosen aufgetreten und haben im Durchschnitt einen Tag angehalten.
Lokale ebenso wie allgemeine Nebenwirkungen der mRNA-Impfstoffe waren bei jüngeren Probanden (d.i. 18 - 55 Jahre in der Pfizer-Studie und 18 - 65 Jahre in der Moderna-Studie) stärker ausgeprägt als bei älteren und nahmen von Dosis 1 zu Dosis 2 zu. Ein sehr ähnliches Bild - allerdings bei einer wesentlich kleineren Probandenzahl - zeigte sich auch mit dem Vektorimpfstoff von AstraZeneca (die bessere Verträglichkeit bei älteren Personen könnte vielleicht infolge einer schwächeren Immunantwort resultieren?).
Fazit
Alle drei Impfstoffe können vor COVID-19 schützen und haben zumeist milde bis moderate, vorübergehende Nebenwirkungen. Die beiden mRNA-Impfstoffe von Pfizer und Moderna weisen eine phänomenale Wirksamkeit von über 90 % auf, bei jungen und älteren gesunden Menschen und auch bei älteren Personen, die wegen u.a. Herzerkrankungen, Diabetes, Adipositas ein höheres Risiko haben an COVID-19 schwer zu erkranken. Ein nicht unerhebliches Problem des Pfizer-Impfstoffs ist seine Instabilität, die eine Anwendung nur in geeigneten Impfzentren zulässt.
Der Vektorimpfstoff von AstraZeneca ist zwar stabil und vergleichsweise sehr billig, aber weniger wirksam als die beiden anderen Vakzinen. Die Phase 3 Studie wirft auch eine Reihe Fragen auf, da dafür nur gesunde Personen rekrutiert wurden und der Anteil an älteren Menschen gering ist, also wenig über die Wirksamkeit in der vulnerablen Bevölkerung ausgesagt werden kann.
Wegen der kurzen Entwicklungsdauer ist zur Zeit noch Vieles unklar: u.a. wie lange der Impfschutz anhält, ob asymptomatische Infektionen mit SARS-CoV-2 und die Übertragung des Virus verhindert werden können, ob schwere seltene und/oder verzögerte Nebenwirkungen auftreten. Die Phase 3-Studien aller drei Impfstoffhersteller laufen weiter (insgesamt bis 24 Monate nach ihrem Beginn) und werden zusammen mit den nun millionenfach erfolgenden Impfungen diese Fragen voraussichtlich lösen können.
[1] I.Schuster, 28.11.2020: Impfstoffe zum Schutz vor COVID-19 - ein Überblick
[2] EMA Assessment Report: Comirnaty (21. December 2020). https://www.ema.europa.eu/en/documents/assessment-report/comirnaty-epar-public-assessment-report_en.pdf
[3] L.R.Baden et al., Efficacy and Safety of the mRNA-1273 SARS-CoV-2 Vaccine (30.December 2020) , at NEJM.org.DOI: 10.1056/NEJMoa2035389. https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2035389 [
4] M.Voysey et al., Safety and efficacy of the ChAdOx1 nCoV-19 vaccine (AZD1222) against SARS-CoV-2: an interim analysis of four randomised controlled trials in Brazil, South Africa, and the UK. Lancet. 2021 Jan 9; 397(10269): 99–111. doi: 10.1016/S0140-6736(20)32661-1
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Comments
Auch bei Spektrum waren…
Auch bei Spektrum waren Impfstoffe heute Thema: Ein Aus- und Überblick über Covid-Impfstoffe der 2. Generation.
So viel zum Thema Herdenimmunität
https://www.spektrum.de/news/corona-pandemie-hatte-manaus-nicht-die-herdenimmunitaet-erreicht/1821164
Das ist, wie immer, ein sehr kenntnisreicher,
nützlicher und spannend geschriebener Beitrag der Autorin, den ich schon vielfach an Freunde und Bekannte weitergeleitet habe.
Rita Bernhardt