Impfstoffe zum Schutz vor COVID-19 - ein Überblick

Fr 28.11.2020 Inge Schuster Inge SchusterIcon Medizin

Die COVID-19 Pandemie kennt keine territorialen Grenzen. In der stärkeren "zweiten Welle" dieser Pandemie erleben wir nun die verheerenden Auswirkungen auf Leben und Gesundheit so vieler Mitmenschen und ebenso auf den Zusammenbruch unserer Lebensweise und wir fragen uns, wie weit unsere ökonomischen Systeme noch belastbar sind. Ein Lichtblick in dieser globalen Krise sind die enormen weltweiten Anstrengungen von Wissenschaftern in Forschung und Entwicklung, die in kürzester Zeit zu vielversprechenden Impfstoffkandidaten geführt haben; drei solcher Impfstoffe stehen kurz vor der behördlichen Zulassung. Diese und eine Fülle weiterer Kandidaten, deren Entwicklungsstatus zum Teil schon recht weit fortgeschritten ist, geben Hoffnung auf wirksame und sichere Vakzinen, welche die Ausbreitung des Virus unterbinden/eindämmen werden.

Für uns alle ist es eine noch nie dagewesene Situation - COVID-19 hat die Gesundheitssysteme weltweit an ihre Grenzen gebracht oder diese bereits überschreiten lassen. Aktuell gibt es laut dashboard der John-Hopkins-University https://www.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 bereits über 60 Millionen mit SARS-CoV-2 Infizierte, über 1, 4 Millionen, die daran bereits verstorben sind und täglich kommen derzeit über 600 000 Neuinfektionen und 12 000 Tote dazu .

Abgesehen von den hinter diesen Zahlen stehenden, unbeschreibbaren menschlichen Tragödien, verursacht die Pandemie auch ungeheure ökonomische Schäden an unseren Gesellschaften: laut Internationaler Weltwährungsbank (IMF) beziffert sich bei andauernder Pandemie der ökonomische Schaden auf monatlich 500 Milliarden Dollar. Dabei sind die durch Lockdowns ausgelösten Beeinträchtigungen der Bevölkerung noch gar nicht mit einbezogen.

Die Suche nach wirksamen Impfstoffen…

Die am Beginn von 2020 losgetretene COVID-19 Pandemie hat die gesamte Welt in Angst und Schrecken versetzt und die globale Suche nach Lösungen intensiviert, insbesondere die Suche nach wirksamen, die Pandemie eindämmenden Impfungen beschleunigt. Binnen kürzester Frist sind dazu weltweit weit mehr als 200 Projekte angelaufen: die letzte Angabe der Weltgesundheitsorganisation WHO (Aufstellung vom 12.11.2020) zählte schon 225 Impfstoffkandidaten, die sich in präklinischer und klinischer Entwicklung befinden. Der wöchentlich aktualisierte COVID-19 vaccine tracker (https://vac-lshtm.shinyapps.io/ncov_vaccine_landscape/; basierend auf den neuesten Informationen der WHO, dem Milken Institute und der US-Datenbank clinicaltrials.gov.) listet insgesamt 261 Impfstoffkandidaten, von denen sich 203 in der präklinischen Entwicklung befinden und 58 in den unterschiedlichen Phasen klinischer Studien (siehe unten).

Das Ziel all der darin involvierten Wissenschafter in Forschung und Entwicklung sind Impfstoffe, die für verschiedene Bevölkerungsgruppen einen möglichst weitreichenden, langandauernden Schutz vor Ansteckungen bieten und dabei möglichst wenige und dann nur milde Nebenwirkungen auslösen.

Wie man sich generell den Entwicklungsweg einer COVID-19- Vakzine vorstellen sollte, ist in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1. Die Stufen einer Impfstoffentwicklung. (Bild: Die Forschenden Pharmaunternehmen: https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/woran-wir-forschen/impfstoffe-zum-schutz-vor-coronavirus-2019-ncov)

In den Stufen 1 - 3 sind die Phasen präklinischer Forschung und Entwicklung zusammengefasst, in Stufe 4 die gesamte klinische Entwicklung, die in 3 Phasen abläuft. Phase 1 an einer relativ kleinen Zahl junger, gesunder Freiwilliger dient zur Bestimmung des Dosierungsschemas und der Entdeckung von möglicherweise limitierenden Nebenwirkungen. In Phase 2 an einer größeren Zahl von Probanden gibt es dann weitere Informationen zu Nebenwirkungen und erstmals grobe Informationen zur Wirksamkeit. In Phase 3 an einer großen Population, quer durch die Bevölkerung, werden dann in Doppel-Blind-Studien - Impfstoff versus Placebo - Wirksamkeit und Nebenwirkungen getestet.

Wenn diese Studien erfolgreich verlaufen, werden nach Abschluss die Ergebnisse analysiert und dokumentiert. Bei positivem Ausgang wird dann eine Impfstoffanlage gebaut, um große Chargen des Impfstoffs zu produzieren, wie sie für die Versorgung der Bevölkerung gebraucht werden. Dann wird die gesamte Dokumentation bei den Behörden (EMA für die EU, FDA für Amerika) eingereicht und um die Zulassung angesucht.

War bis vor wenigen Jahren ein Zeitraum von rund 15 Jahren für den Forschungs- & Entwicklungsprozess eines neuen Impfstoffes üblich, so verläuft bei COVID-19 nun alles viel schneller: Vorerfahrungen mit verwandten Viren (SARS-CoV-1 und MERS), verbesserte Technologien und parallele Durchführung verschiedener Aktivitäten können den Prozess enorm beschleunigen. In der Phase 3 Studie gibt es zwar keine Zeitersparnis, dafür läuft in zahlreichen Unternehmen bereits während dieser Phase die Produktion des Impfstoffs an und dieser ist nach positivem Abschluss der Studie bereits verfügbar - bei negativem Ausgang ist allerdings viel Geld in den Sand gesetzt worden.

Zeit gespart wird auch durch den Abbau bürokratischer Hürden im Einreichungs-/Registrierungsverfahren: Forschungsinstitutionen/Firmen können frühzeitig mit den Zulassungsbehörden in Kontakt treten und diesen die Studienergebnisse laufend übermitteln; die EMA bietet an die Daten in einem "Rolling-Review-Verfahren" so schnell wie möglich zu überprüfen.

…führte bereits zu drei vor der Zulassung stehenden Kandidaten …

Für drei Impfstoffkandidaten, die in abschließenden Phase 3 Studien an 30 000 bis 43 600 freiwilligen Probanden Schutz vor COVID-19 bei nur milden Nebenwirkungen gezeigt hatten, ist so eine rasche Zulassung - vielleicht noch in diesem Jahr - in den Bereich der Möglichkeit gerückt.

Tabelle 1 fasst Hersteller, Informationen zur Phase 3-Studie und - bei erfolgreicher Registrierung - die geplante Produktion von Dosen (in Millionen) und deren voruaussichtlichen Preis  zusammen.

Tabelle 1. Drei erfolgversprechende Impfstoffkandidaten. Nach zweimaliger intramuskulärer Applikation im Abstand von 28 Tagen boten die beiden mRNA-Vakzinen einen Schutz von über 90 % , die Vektorvirenvakzine von bis zu 90 % vor COVID-19 (laut Pressemitteilung der Firmen). Impfstofftypen werden weiter unten erklärt.


 

Firmen/Institutionen


 

Impfstofftyp

       Phase 3 (Doppelblind-Studie)

Impfstoff (Planung)

   Kandidat

  Probanden

  Dosen

Dosen [Mio]

2020/21

Preis [€]

Moderna/NIAID

mRNA

mRNA-1273

30 000

    2x i.m.       (d 0, 28)

20 /bis 1000

28

BioNTech/Pfizer/Fosun

mRNA

BNT162b2

43 661

     2x, i.m. (d 0, 28)

50/bis 1300

17

Univ. Oxford/Astra Zeneca

Vektorviren

ChAdOx1

30 000

     2x, i.m. (d 0, 28)

4/bis 100

3

 

Bei den Studien handelte es sich um Doppelblind-Studien, d.h. die Hälfte der Probanden hat den Impfstoff erhalten, die andere Placebo. Die ersten Zwischenergebnisse (an 50 oder weniger % der Probanden) wurden vergangene Woche vorerst nur in Presseausendungen mitgeteilt: diese gaben für die Studie von Moderna/NIAID  95 Infektionsfälle an, wobei 90 auf die Placebogruppe entfielen und für die Studie von BioNTech/Pfizer/Fosun 170 Infektionsfälle mit 162 in der Placebogruppe. Die Schutzwirkung der beiden mRNA-Impfstoffe lag damit bei über 90 %. In der Studie von Univ. Oxford/Astra Zeneca waren (aus Versehen) zwei unterschiedliche Dosierungsschemata angewandt worden: eine der so geimpften Gruppen (N = 2741 Probanden) war zu 90 % geschützt, die andere (N = 8895 Probanden) zu 62 %.

Kurz nach Aussendung der vielversprechenden Zwischenergebnisse haben BioNTech/Pfizer und AstraZeneca bei den Behörden (FDA rsp. EMA) um die Notzulassung angesucht; das Ansuchen von Moderna wird in Kürze erwartet. Vieles ist allerdings noch unklar, u.a. ob die Impfung nicht nur vor der Erkrankung COVID-19 sondern auch vor der (asymptomatischen) Infektion mit dem Virus schützt, ob die unterschiedlichen Altersgruppen und ob chronisch Kranke gleich gut geschützt werden, wie lange der Impfschutz anhält (die Probanden waren ja nur 2 Monate nach der zweiten Injektion beobachtet worden), ob  später unerwünschte Nebenwirkungen auftreten.

Wollen wir hoffen, dass die Studien nach ihrer Endauswertung überzeugende Antworten auf diese Fragen geben werden!

...und zu einer vollen Pipeline weiterer Impfstoffkandidaten ...

Wie bereits oben erwähnt gibt es derzeit 261 Impfstoffkandidaten von denen sich 203 in der präklinischen Forschung & Entwicklung befinden und bereits 58 in den unterschiedlichen Phasen klinischer Studien; von diesen haben schon 11 die Hürden zur entscheidenden Phase 3 genommen. Abbildung 2.

Abbildung 2. Der weltweite Stand in der COVID-19 Impfstoffentwicklung - Pipeline der Impfstoffkandidaten und Impfstofftypen. Eine Erklärung der Impfstofftypen findet sich im nächsten Abschnitt. V. inaktiviert/abgeschwächt bedeutet inaktiviertes/abgeschwächtes Virus, Vektorviren r/nr = Vektorviren replizierend/nicht replizierend (Die Grafiken wurden aus den Daten des COVID-19 vaccine tracker vom 23.11.2020 erstellt. https://vac-lshtm.shinyapps.io/ncov_vaccine_landscape/).

An den Impfstoffprojekten arbeiten weltweit vor allem viele Industrieunternehmen - große Konzerne wie Pfizer, Janssen, GlaxoSmithKline, Sanofi oder AstraZeneca mit Erfahrung in der Impfstoffentwicklung sind dabei, ebenso wie viele kleine Unternehmen, die zur Entwicklung ihrer Kandidaten Kooperationen eingehen. Rund 30 % der Projekte werden von akademischen Institutionen, staatlichen Einrichtungen und non-Profit Organisationen geleitet. Der Großteil dieser Aktivitäten findet in Nordamerika statt, gefolgt von Asien (hier vor allem von China) und Europa.

Was bedeutet die Fülle an potentiellen Impfstoffen für die Zahl der Produkte, die tatsächlich den Markt erreichen?

Langjährige Erfahrung mit Virus-Vakzinen zeigt, dass etwa 7 % der Impfstoffkandidaten in der Präklinik den Übergang in die Klinik schaffen und von diesen dann 20 % die klinischen Phasen erfolgreich durchlaufen und registriert werden (siehe Weiterführende Links:  WHO: What we know about COVID-19 vaccine development).

Aus der aktuellen Pipeline  könnten somit an die 15 Impfstoffe hervorgehen!

… mit unterschiedlichen Impfstofftypen

Unser Immunsystem funktioniert, indem es etwas als fremd erkennt und darauf reagiert. Impfstoffe provozieren die Reaktion des Immunsystems indem sie ein Pathogen, also einen Krankheitserreger präsentieren, der in einer modifizierten, nicht krankmachenden Form vorliegt oder nur in Form von Bruchstücken des Erregers.

Die Reaktion des Immunsystem auf das Fremde ruft dann spezialisierte weiße Blutzellen auf den Plan: Makrophagen, die den Erreger attackieren und "verdauen". Gegen dabei übrig bleibende Bruchstücke des Erregers (Antigene) produzieren sogenannte B-Lymphocyten (B-Zellen) neutralisierende Antikörper. T-Lymphozyten schließlich attackieren Zellen, die bereits infiziert sind. Einige T-Zellen bleiben als Gedächtniszellen bestehen. Ist man dann tatsächlich dem aktiven Virus ausgesetzt, entdeckt das Immunsystem ihm bekannte Antigene, ist bereits vorbereitet und kann den Erreger rasch eliminieren.

Wie in Abbildung 2 gezeigt, werden gegen COVID-19 verschiedene Impfstofftypen eingesetzt; nach Komplexität gereiht sind das:

  • das ganze SARS-CoV-2 Virus in inaktivierter Form oder in abgeschwächter Form
  • Virenvektoren in replizierender und nicht replizierender Form
  • Viren-ähnliche Partikel
  • Virenproteine (unmodifiziert, modifiziert) oder Bruchstücke davon
  • DNA
  • mRNA

Die derzeit am häufigsten untersuchten Kandidaten gegen COVID-19 gehören zu drei Typen: zu Virenproteinen (insgesamt 97 , davon 17 in der Klinik), zu Vektorviren (insgesamt 70, davon 13 in der Klinik) und zu mRNA-Vakzinen (insgesamt 40, davon 7 in der Klinik). Abbildung 3 zeigt schematisch wie diese drei Typen funktionieren.

Abbildung 3. Die drei am häufigsten untersuchten Impfstofftypen zur Produktion von neutralisierenden Antikörpern gegen SARS-CoV-2. (Das gemeinfreie Bild stammt aus einem U.S. GAO Report: www.gao.gov/products/GAO-20-583SP und wurde von IS deutsch beschriftet.)

Virenprotein

Der Impfstoff besteht aus einem Protein von SARS-CoV-2 oder einem ausgewählten Teil davon (einem Peptid). Vorzugsweise wird hier das an der Virusoberfläche sitzende Spike-Protein gewählt, das die Schlüsselrolle im Andocken und Eindringen in die Wirtszelle spielt (Abbildung 3, Typ 2). Unser Immunsystem erkennt das Antigen als fremd, beginnt B-Zellen und T-Zellen dagegen zu produzieren. Bei einer Begegnung mit dem Erreger erkennen die Gedächtniszellen das Virus und bekämpfen es.

Die Herstellung von Protein-Impfstoffen ist eine bereits seit langem bewährte Technologie, sehr viele zugelassene Impfstoffe beruhen auf diesem Prinzip und auch die meisten COVID-19 Projekte zielen darauf ab.

Vektorviren

basieren auf einem harmlosen anderen Virus als SARS-CoV-2, beispielsweise auf einem modifizierten ungefährlichen Adenovirus (das in aktiver Form Schnupfen hervorrufen würde). Derartige Viren können sich in unserem Organismus vermehren (replizieren) ohne dabei krank zu machen. In dieses Virus wird nun genetisches Material von SARS-CoV-2 eingefügt, das als Bauanleitung für die Produktion eines oder mehrerer seiner Proteine dient (Abbildung 3; Typ 3). Mit diesem Transportmittel (Vektor) gelangt das SARS-CoV-2 Material in unsere Zellen und wird von diesen zu den entsprechenden Proteinen umgesetzt (vorzugsweise zielt man auch hier auf das Spike-Protein ab).

Das Prinzip des Vektorvirus wurde bereits bei den Impfstoffen gegen Ebola und gegen Denguefieber erfolgreich angewandt.

RNA-Impfstoffe

enthalten ein ausgewähltes Gen von SARS-CoV-2 (auch hier vorzugsweise das Spike-Protein) allerdings nicht in Form des DNA-Abschnitts sondern als bereits in die RNA -transkribierte Form , die sogenannte mRNA (Abbildung 3, Typ 1). Eingehüllt in Lipid-Nanopartikel gelangt diese mRNA nach einer Injektion in den Muskel in die umliegenden Zellen, welche dann die mRNA in das entsprechende Virusprotein übersetzen. Wie die Zwischenergebnisse von Moderna/NIAID und Biontech/Pfizer zeigen, wird damit eine robuste Antwort des Immunsystems ausgelöst, die offensichtlich vor COVID-19 schützt .

Bis jetzt gibt es noch keinen auf Impfstoff auf dem Markt, der auf dem mRNA-Prinzip basiert. Allerdings gibt es auf diesem Gebiet schon jahrelange Erfahrung: in Zusammenarbeit mit dem NIH hat das Unternehmen Moderna dieses Prinzip gegen eine Reihe anderer Virusinfektionen MERS, Zikavirus, RSV, Epstein-Barr Virus, H7N9-Influenzavirus) angewandt.

Ein mRNA-Impfstoff bietet eine Reihe von Vorteilen (nicht nur bei COVID-19).

Die mRNA ist nicht infektiös und kann (wie auch die DNA) sehr schnell für erste Testungen in die Klinik gebracht werden. Bereits innerhalb weniger Tage nachdem im Jänner 2020 das SARS-CoV-2-Genom publiziert worden war, konnte eine entsprechende mRNA hergestellt werden.

Die mRNA braucht nicht in den Zellkern gelangen (wie dies bei DNA-Impfstoffen der Fall ist) und kann somit die Gen-Expression nicht beeinflussen. mRNA-Moleküle sind überdies kurzlebig und binnen weniger Stunden aus dem Organismus verschwunden. Allerdings sind mRNAs auch außerhalb des Organismus instabil und müssen bei tiefen Temperaturen gelagert und transportiert werden.

Ein mRNA-Impfstoff kann auch "Bauanleitungen" für mehrere unterschiedliche Proteine eines Virus enthalten oder für unterschiedliche Viren und damit gegen verschiedene Infektionen immunisieren.

DNA-Impfstoffe

Diese können wie auch die mRNA-basierten Impfstoffe rasch in größeren Mengen produziert werden, weisen aber wesentlich höhere Stabilität auf und benötigen keine Kühlung. Allerdings ist es schwierig die DNA in Körperzellen zu bringen, und es müssen Methoden wie die Elektroporation dazu eingesetzt werden.

Für einen Impfstoff wird das für ein Virusprotein kodierende Gen in ein nicht replizierendes Plasmid (d.i. ein kleines, ringförmiges doppelsträngiges DNA-Molekül) eingefügt. Nach Applikation muss das Plasmid dann in den Zellkern gelangen, wird dort in mRNA umgeschrieben (transkribiert) und an den Ribosomen im Zytoplasma in das Virusprotein übersetzt, gegen das dann die Immunantwort ausgelöst wird.

Ein mögliches Risiko von DNA-Impfstoffen könnte darin bestehen, dass sich die Fremd-DNA in das Wirts-Genom einlagert.

Wie auch im Fall des RNA-Typs sind bis jetzt keine DNA-basierten Impfstoffe für die Humananwendung zugelassen. In der Entwicklung von COVID-19 Vakzinen spielen DNA-Impfstoffkandidaten eine beträchtliche Rolle: 7 befinden sich in Phase 1 und 1/2 der klinischen Prüfung, 22 in der Präklinik.

Ganzvirus-Impfstoffe

bestehen aus abgeschwächten oder inaktivierten Formen des Erregers und stellen - seit den Tagen als Edward Jenner die Pockenimpfung einführte - den klassischen Typ von Impfstoffen dar. Sie lassen sich in Kulturen züchten, schnell herstellen und lösen sehr starke Immunantworten aus

Inaktivierte Impfstofftypen werden durch chemische oder physikalische Methoden inaktiviert und enthalten keine vermehrungsfähigen Viren mehr. Sie sind damit auch nicht imstande Zellen zu infizieren. Stattdessen werden sie von Antigen-präsentierenden Zellen (Makrophagen, dendritische Zellen, ...) inkorporiert, abgebaut und die Protein-Fragmente an der Zelloberfläche dem Immunsystem präsentiert, welches mit der Bildung von Antikörpern und T-Helferzellen antwortet. Derzeit befinden sich 22 inaktivierte Viren in der Entwicklung: 7 in der klinischen Phase, darunter 4 in Phase 3, und 15 Kandidaten in der Präklinik.

Abgeschwächte ("attenuierte") Virusimpfstoffe (sogenannte Lebendimpfstoffe) können sich im Wirt zwar noch vermehren, lösen aber keine Krankheitssymptome aus. Dadurch, dass sich derartige Viren noch über einen langen Zeitraum replizieren und damit laufend ihre Komponenten und damit Antigene produzieren, lösen sie eine sehr starke Immunantwort aus. Bekannte nach diesem Prinzip wirkende Vakzinen richten sich gegen Masern, Röteln, Mumps, Gelbfieber und Pocken. Die abgeschwächten Viren wurden dabei in langdauernden Selektionsprozessen (durch wiederholtes in vitro Passagieren unter suboptimalen Bedingungen) generiert. Ohne hier näher darauf einzugehen, lassen sich attenuierte Viren nun auch durch Mutation oder Deletion von Virulenz-Genen oder durch sogenannte Codon-Deoptimierung erzeugen. Insgesamt befinden sich 6 attenuierte SARS-CoV-2-Viren in der Entwicklung, 2 davon in der Klinik.

Virus-ähnliche Partikel sind ein verwandter Ansatz. Die Partikel ahmen das Virus in Form und Aufbau aus Virusproteinen nach, enthalten aber keine funktionellen Nukleinsäuren. 2 dieser Typen sind in klinischer Entwicklung, 16 in der Präklinik.

Fazit

Unterschiedliche Strategien mit verschiedenen Typen von Impfstoffen haben in unglaublich kurzer Zeit eine Fülle an Entwicklungskandidaten generiert, die zum Teil schon in weit fortgeschrittenen Entwicklungsstatus sind. Es besteht somit Hoffnung , dass wir in naher Zukunft wirksame und sichere Vakzinen im Kampf gegen COVID-19 zur Verfügung haben werden. Und zwar auch für unterschiedliche Gruppen in der Bevölkerung - für Kinder und für Alte, für immunsupprimierte Patienten ebenso wie für schwangere Frauen.


 Weiterführende Links

COVID-19 vaccine tracker, https://vac-lshtm.shinyapps.io/ncov_vaccine_landscape/

WHO: What we know about COVID-19 vaccine development (6.October 2020). https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/risk-comms-updates/update37-vaccine-development.pdf?sfvrsn=2581e994_6

Centers for Disease Control and Prevention: Understanding How Covid-19 Vaccines Work (2. November 2020). https://www.cdc.gov/coronavirus/2019-ncov/vaccines/different-vaccines/how-they-work.html?CDC_AA_refVal=https%3A%2F%2Fwww.cdc.gov%2Fcoronavirus%2F2019-ncov%2Fvaccines%2Fabout-vaccines%2Fhow-they-work.html

Pfizer: All COVID-19 Updates. https://www.pfizer.com/health/coronavirus/updates

Moderna:    Moderna’s Work on a COVID-19 Vaccine Candidate. https://www.modernatx.com/modernas-work-potential-vaccine-against-covid-19

AstraZeneca: Covid-19 Information Hub. https://www.astrazeneca.com/

Artikel zu COVID-19 Impfstoffen im ScienceBlog


 

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