Wer betreibt Klimamodellierung und wie vergleichbar sind die Ergebnisse?

Do, 20.09.2018 - 20:04 — Carbon Brief

Carbon BriefIcon GeowissenschaftenWeltweit gibt es mehr als zwei Dutzend wissenschaftliche Institutionen, die Klimamodelle entwickeln, die meisten davon sind in Europa und den US. Viele dieser Modelle sind für Wissenschafter frei verfügbar und werden intensiv genutzt. Um alle an den verschiedenen Modellierungszentren durchgeführten Experimente vergleichbar zu machen, wurde das Modellvergleichsprojekt - CMIP - entwickelt und laufend verfeinert. Dies der fünfte Teil einer umfassenden, leicht verständlichen Artikelserie "Q&A: How do climate models work?", die von der britischen Plattform Carbon Brief stammt (Teile 1 -4 [1, 2, 3, 4]).*

Weltweit gibt es mehr als zwei Dutzend wissenschaftliche Institutionen, die Klimamodelle entwickeln; oft baut und verfeinert jedes dieser Zentren mehrere verschiedene Modelle gleichzeitig.

Üblicherweise werden die so produzierten Modelle - ziemlich phantasielos - nach den Institutionen selbst benannt. So hat beispielsweise das Met Office Hadley Centre (der nationale meteorologische Dienst des UK ) mit "HadGEM3" eine Familie von Modellen entwickelt. Das in Princeton (US) ansässige NOAA Geophysical Fluid Dynamics Laboratory hat das Erdsystemmodell "GFDL ESM2M" geschaffen (NOOA: National Oceanic and Atmospheric Administration). Abbildung 1.

Abbildung 1. Was im Erdsystemmodell des Geophysical Fluid Dynamics Laboratory (GFDL) enthalten ist (Quelle: https://www.gfdl.noaa.gov/earth-system-model/)

In zunehmendem Maße gehen Modelle aus Kooperationen hervor

und das spiegelt sich oft in ihren Namen wider. In Großbritannien hat beispielsweise das Hadley Centre zusammen mit dem Forschungsrat für Umweltforschung (Natural Environment Research Council - NERC) das Erdsystemmodell "UKESM1" entwickelt, dessen zentrales Element das oben erwähnte HadGEM3-Modell des Met Office Hadley Centre ist.

Ein anderes Beispiel ist das Community Earth System Model (CESM), das Anfang der 1980er Jahre vom National Center for Atmospheric Research (NCAR) in den USA gestartet wurde. Wie "Community" in der Bezeichnung andeutet, ist dieses Modell das Ergebnis von Tausenden zusammenarbeitenden Wissenschaftlern (das Modell kann frei heruntergeladen und angewandt werden).

Dass es weltweit zahlreiche Modellierungszentren gibt, die in ähnlicher Weise vorgehen, ist „ein sehr wichtiger Aspekt der Klimaforschung“, sagt Dr. Chris Jones, der am Met Office Hadley Centre die Forschung zur Modellierung von Vegetation, Kohlenstoff-Kreislauf und deren Wechselwirkungen mit dem Klima leitet. Er erzählt Carbon Brief:

"Größenordnungsmäßig existieren so an die 10, 15 große globale Zentren für Klimamodellierung, die Simulationen und Ergebnisse produzieren. Indem man vergleicht, was die verschiedenen Modelle und unterschiedlichen Ansätze aussagen, kann man beurteilen, worauf man sich verlassen kann, worin sie übereinstimmen, und worauf wir weniger Verlass haben, wo sie sich widersprechen. Das leitet den Prozess der Modellentwicklung."

"Gäbe es nur ein einziges Modell oder nur ein einziges Modellierungszentrum, so hätte man von dessen Stärken und Schwachstellen viel weniger Ahnung", sagt Jones. "Und während die verschiedenen Modelle miteinander verwandt sind - zwischen den Gruppen entwickelt sich ja eine Menge an gemeinsamer Forschung und Diskussion - gehen sie normalerweise nicht so weit, dass sie dieselben Codezeilen verwenden.

Jones erklärt: "Wenn wir ein neues (Modell) -Schema entwickeln, so ist es üblich die Gleichungen dieses Schemas in der wissenschaftlichen Literatur zu publizieren, demzufolge wird es von Experten begutachtet. Es ist öffentlich verfügbar und andere Zentren können es mit dem vergleichen, was sie verwenden."

Zentren der Klimamodellierung...

Carbon Brief hat eine Karte der Klimamodellierungszentren erstellt, die zum fünften Modellvergleichsprojekt CMIP5 (Coupled Model Intercomparison Projekt 5) beigetragen haben. Abbildung 2. CMIP5 ist in den 2015 veröffentlichten Fünften Sachstandsbericht des IPCC (Intergovernmental Panel of Climate Change) eingeflossen, der den (damaligen) Wissensstand der Klimaforschung repräsentiert. (Details zu CMIP: unten und in [4])

Abbildung 2. Zentren für Klimamodellierung weltweit und in Europa. Es sind nur Zentren angeführt, die zum fünften Coupled Model Intercomparison Projekt (CMIP5) beigetragen haben. (Die im Original interaktive Karte zeigt Details zu den einzelnen Zentren: https://carbonbrief.carto.com/viz/a0465df3-64a9-42e5-8796-7cecbd64ae40/public_map)

Die meisten Modellierungszentren befinden sich in Nordamerika und Europa. Dazu ist jedoch anzumerken, dass die CMIP5-Liste kein vollständiges Verzeichnis der Modellierungszentren darstellt - insbesondere, weil sie sich auf Institutionen mit globalen Klimamodellen konzentriert. Dies bedeutet, dass die Liste keine Zentren enthält, die sich auf regionale Klimamodelle oder Wettervorhersagen konzentrieren, sagt Jones:

"Beispielsweise arbeiten wir viel mit den Brasilianern zusammen, die ihre Globalen Klimamodelle (GCMs) auf Wettervorhersagen und saisonale Vorhersagen konzentrieren. In der Vergangenheit haben sie sogar eine Version von HadGEM2 verwendet, um Daten an CMIP5 zu übermitteln. Für das kommende CMIP6 hoffen sie, das brasilianische Erdsystemmodell ("BESM") zu verwenden."

... und Verfügbarkeit der Modelle

Wieweit jedes Modellierungszentrum den Computercode öffentlich zur Verfügung stellt, ist von Institution zu Institution verschieden. Viele Modelle sind für die wissenschaftliche Gemeinschaft kostenlos erhältlich. Erforderlich dafür ist in der Regel das Unterzeichnen einer Lizenz, welche die Nutzungsbedingungen und die Verbreitung des Codes definiert.

So steht das vom Max-Planck - Institut für Meteorologie in Deutschland entwickelte "ECHAM6 GCM" im Rahmen einer Lizenzvereinbarung zur Verfügung, die besagt, dass die Nutzung seiner Software "nur für legitime wissenschaftliche Zwecke in Forschung und Lehre erlaubt" ist , aber "nicht für kommerzielle Zwecke".

Laut Institut besteht der Hauptzweck des Lizenzvertrags darin, dass es erfährt, wer die Modelle verwendet und so die Möglichkeit erhält mit den Nutzern in Kontakt zu treten. Es sagt:

"Die entwickelte MPI-M-Software muss kontrollierbar und dokumentiert bleiben. Das ist die Idee der Lizenzvereinbarung ... Ebenso wichtig ist es auch den Modellentwicklern Feedback zu geben, Fehler zu melden und Verbesserungen des Codes vorzuschlagen."

Zu weiteren Beispielen von Modellen, die unter einer Lizenz erhältlich sind, zählen: die "NCAR CESM" Modelle (bereits oben erwähnt), die "Model E GCMs" des NASA Goddard Instituts für Raumfahrtstudien und die verschiedenen Modelle des Institut Pierre Simon Laplace (IPSL) Klimamodellierungszentrums in Frankreich.

CMIP -Wie vergleichbar sind Ergebnisse an unterschiedlichen Klimamodellen?

Wenn so viele Institutionen Klimamodelle entwickeln und anwenden, besteht das Risiko, dass jede Gruppe in anderer Art und Weise an die Modellierung herangeht und so die Vergleichbarkeit ihrer Ergebnisse reduziert.

Hier kommt das Coupled Model Intercomparison Project ("CMIP") ins Spiel. CMIP ist ein Rahmenwerk für Klimamodell-Experimente, mit dem Wissenschaftler GCMs systematisch analysieren, validieren und verbessern können. "Coupled" bedeutet dabei, dass alle Klimamodelle im CMIP gekoppelte Atmosphäre-Ozean-GCMs sind. Was mit "Intercomparison" gemeint ist, erklärt Dr. Chris Jones vom Met Office:

"Die Idee zu einer Vergleichbarkeit ergab sich aus dem vor vielen Jahren üblichen Umstand, dass unterschiedliche Gruppen von Modellierern unterschiedliche Modelle hatten, diese auch in jeweils etwas anderer Weise zu erstellen pflegten und an diesen Modellen verschiedenartige numerische Experimente durchführten. Wollte man die Ergebnisse dann vergleichen, so war man nie ganz sicher, ob die Differenzen auf die unterschiedlichen Modelle oder ihr andersartiges Design zurück zu führen wären."

CMIP wurde entwickelt, um alle an verschiedenen Modellierungszentren durchgeführten Experimente an Klimamodellen vergleichbar zu machen. Seit seinen Anfängen im Jahr 1995 gab es bereits mehrere Generationen von CMIPs und jede davon wird immer ausgereifter in Bezug auf das Design der Experimente. Alle 5-6 Jahre erscheint eine neue Generation.

In den frühen Jahren haben CMIP-Experimente beispielsweise simuliert, wie sich ein jährlicher Anstiegs des atmosphärischen CO2 um 1% auf das Klima auswirkt (siehe [4]). In späteren CMIP-Experimenten wurden dann detailliertere Emissionsszenarien eingesetzt, wie es die Representative Concentration Pathways ("RCPs") sind.

Werden Modelle auf die gleiche Weise erstellt und dieselben Eingaben verwendet, ist es für die Forscher klar, dass unterschiedliche Projektionen zum Klimawandel auf Unterschiede in den Modellen selbst zurückzuführen sind. Dies ist der erste Schritt, um zu verstehen, was diese Unterschiede verursacht.

Der Output jedes Modellierungszentrums wird dann auf ein zentrales Webportal geladen und vom Program for Climate Model Diagnosis and Intercomparison (PCMDI) verwaltet. Weltweit können dann Wissenschaftler aus vielen Disziplinen dann frei darauf zugreifen. Verantwortlich für CMIP ist die Arbeitsgruppe für gekoppelte Modelle, die Teil des Weltklimaforschungsprogramms (WCRP) der Weltorganisation für Meteorologie in Genf ist. Darüber hinaus überwacht das CMIP-Panel das Design der Experimente, der Datensätze, sowie die Lösung aller Fragestellungen.

Das nächste Vergleichsprogramm: CMIP6

Die Zahl der Forscher, die auf CMIP-Daten basierende Publikationen veröffentlichen, "ist von ein paar Dutzend auf weit über tausend gewachsen", sagte die Vorsitzende des CMIP-Gremiums, Prof. Veronika Eyring, kürzlich in einem Interview mit dem Fachjournal Nature Climate Change. Und weiter: "Die Modellierungen für CMIP5 sind abgeschlossen und CMIP6 läuft jetzt an, an dem weltweit mehr als 30 Modellierungszentren beteiligt sein werden".

Neben einem zentralen Set von Modellierungsexperimenten zu Diagnose, Evaluierung und Charakterisierung des Klimas - kurz "DECK" -, wird CMIP6 auch einen Satz zusätzlicher Experimente beinhalten, um spezifische wissenschaftliche Fragen zu beantworten. Diese Fragen sind in einzelne Modellvergleichsprojekte oder "MIPs" unterteilt. Bisher wurden 21 solcher MIPs bestätigt, Eyring sagt:

"Vorschläge dazu wurden dem CMIP-Panel vorgelegt und erhielten eine Bestätigung, wenn sie 10 von der Gemeinschaft festgelegte Kriterien erfüllten, zusammengefasst sind dies: Fortschritte bei den in früheren CMIP-Phasen identifizierten Lücken, Beiträge zu den Großen Herausforderungen des Weltklimaforschungsprogramms (WCRP) und Teilnahme von mindestens acht Modellierergruppen."

Über CMIP6 gibt es eine Sonderausgabe der Zeitschrift Geoscientific Model Development mit 28 Artikeln, die das Gesamtprojekt und die spezifischen MIPs abdecken (open access, https://www.geosci-model-dev.net/special_issue590.html) .

Ein Überblick über die 21 MIPs und das experimentelle Design ist in Abbildung 3 gezeigt.

Abbildung 3. Übersicht über Bezeichnung und Inhalte der bestätigten 21MIPS im angelaufenen CMIP6 Programm (Reproduced with permission from Simpkins, 2017.)

Die Ergebnisse der CMIP6-Simulationen werden eine Grundlage für einen Großteil der Forschungsarbeiten bilden, die in den sechsten Sachstandsbericht des IPCC einfließen werden. Anzumerken ist dabei, dass CMIP völlig unabhängig vom IPCC ist.


*Der Artikel ist der Homepage von Carbon Brief: "Q&A: How do climate models work?" entnommen (https://www.carbonbrief.org/qa-how-do-climate-models-work). Unter den Titeln"Who does climate modelling around the world? und What is CMIP? ist es die Fortsetzung einer, von mehreren Autoren stammenden Serie, die am 15. Jänner 2018 online gestellt wurde. Die unter einer cc-by-nc-nd 4.0 Lizenz stehenden Artikel wurden im Einverständnis mit Carbon Brief möglichst wortgetreu von der Redaktion aus dem Englischen übersetzt und von Carbon Brief freigegeben.

Carbon Brief - https://www.carbonbrief.org/ - ist eine britische Website, welche die neuesten Entwicklungen in den Bereichen Klimawissenschaft, Klimapolitik und Energiepolitik abdeckt. Die Seite bemüht sich um klare Daten-basierte Artikel und Illustrationen, um mitzuhelfen das Verstehen des Klimawandels von Seiten der Wissenschaft und auch der Politik zu verbessern . Im Jahr 2017 wurde Carbon Brief bei den renommierten Online Media Awards als"Best Specialist Site for Journalism" ausgezeichnet.


[1] Teil 1 (19.04.2018): Was Sie schon immer über Klimamodelle wissen wollten – eine Einführung

[2] Teil 2 (31.05.2018): Klimamodelle: von einfachen zu hoch komplexen Modellen

[3] Teil 3 (21.06.2018): Klimamodelle: Rohstoff und Produkt — Was in Modelle einfließt und was sie errechnen

[4] Teil 4 (23.8.2018): Welche Fragen stellen Wissenschaftler an Klimamodelle , welche Experimente führen sie durch?


Weiterführende Links

Artikel im ScienceBlog

Wir haben einen eigenen Schwerpunkt Klima und Klimawandel gewidmet, der aktuell 29 Artikel enthält.