Klimawandel und Änderungen der Wasserressourcen gefährden die weltweite Stromerzeugung

Fr, 08.01.2016 - 10:44 — IIASA

IIASA LogoIcon GeowissenschaftenDie Auswirkungen des Klimawandels auf Flüsse und Ströme könnten die Kapazitäten der Stromerzeugung weltweit enorm reduzieren. Wissenschafter am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) und an der Universität Wageningen haben zum ersten Mal die Zusammenhänge zwischen Klimawandel, Wasserressourcen und Stromerzeugung auf globaler Ebene untersucht (basierend auf Daten zu mehr als 24 000 Wasserkraftwerken und 1400 thermoelektrischen Kraftwerken). Die eben erschienene Studie ruft zu verstärkten Anpassungsmaßnahmen an die Veränderungen auf, um die Energieversorgung in Zukunft zu gewährleisten.*

Die Auswirkungen des Klimawandels und die damit einhergehenden Änderungen der Wasserressourcen könnten im Zeitraum 2040 -2069 die Stromerzeugungskapazität von mehr als 60 % der globalen Kraftwerke reduzieren. Zu diesem Schluss kommt eine Studie aus der Gruppe um Michelle van Vliet (IIASA und Universität Wageningen), die eben im Journal Nature Climate Change erschienen ist[1]. Anpassungsmaßnahmen, die auf die Steigerung von Wirkungsgrad und Flexibilität der Kraftwerke abzielen, könnten diese Reduktion aber wesentlich abschwächen.

Wasserkraftwerke ebenso wieWärmekraftwerke – Kraftwerke, die thermische Energie aus fossilen Brennstoffen, Biomasse oder Kernkraft in Strom umwandeln – sind auf das Wasser aus Flüssen und Strömen angewiesen. Bei Wärmekraftwerken spielt zudem die Temperatur des Kühlwassers eine ganz wesentliche Rolle (Abbildung 1).

In Summe stellen heute Wasser- und Wärmekraftwerke 98 % der globalen Stromproduktion bereit, wobei Wärmekraftwerke in den meisten Regionen der Erde als Energielieferanten dominieren. Dies wird wahrscheinlich auch das 21. Jahrhundert über so bleiben, auch wenn Solar- und Windkraftwerke rasch zunehmen.

Abbildung 1. Wasserkraftwerke (oben) und ebenso Wärmekraftwerke (unten) sind auf Fließgewässer angewiesen. (Bilder: Wikipedia, gemeinfrei)

Modellprojektionen zeigen, dass der Klimawandel Auswirkungen auf die Verfügbarkeit der Wasserressourcen haben wird und in vielen Regionen der Erde zur Erhöhung der Wassertemperatur führen wird.

Bereits in einer früheren Untersuchung, die sich auf Europa und die USA bezog, hatten van Vliet et al. darauf hingewiesen: der mit dem Klimawandel einhergehende Wassermangel in den Sommermonaten und die höheren Wassertemperaturen könnten die Energieversorgung aus Wärmekraftwerken entscheidend reduzieren [2].

Die neue Studie basiert nun auf einem hydrologischen Modell, dem weltweite Daten von 24 515 Wasserkraftwerken und 1427 thermoelektrischen Kraftwerken zugrundeliegen. „Es ist das erste Mal, dass die Zusammenhänge zwischen Klimawandel, Wasserressourcen und Stromerzeugung auf globaler Ebene hier untersucht werden. Wir zeigen ganz klar, dass Kraftwerke nicht nur zum Klimawandel beitragen, sondern, dass sie durch diesen auch massiv beeinträchtigt werden können“ sagt der Direktor des IIASA Energie Programms, der auch Koautor der Studie ist.

Zu den gefährdeten Regionen zählen insbesondere die USA, das südliche Südamerika, Südafrika, Zentral- und Südeuropa, Südostasien und der Süden Australiens: für diese Regionen werden Rückgänge der mittleren jährlichen Flussraten prognostiziert und gleichzeitig starke Anstiege der Wassertemperatur. Dies verringert das Potential der Stromerzeugung sowohl für Wasserkraftwerke als auch für Wärmekraftwerke.

Die Studie untersucht auch die möglichen Auswirkungen von Anpassungsmaßnahmen wie etwa von technologischen Entwicklungen, die den Wirkungsgrad der Kraftwerke erhöhen, von einem Wechsel von Kohlekraftwerken zu mit Gas betriebenen Kraftwerken oder auch von einem Wechsel von Süßwasser als Kühlmittel zur Luftkühlung oder Meereswasserkühlung für Anlagen, die an Küsten liegen.

„Wir zeigen, dass technologische Entwicklungen zur Steigerung des Wirkungsgrads von Anlagen und Änderungen in deren Kühlsystemen die Störbarkeit durch Wassermangel in den meisten Regionen herabsetzen können. Verbessertes, sektorübergreifendes Wassermanagement in Dürrezeiten ist natürlich auch sehr wichtig.“ Und Van Vliet schliesst: „Um die Wasser – und Energieversorgung auch in den nächsten Dekaden sicherzustellen, wird der Elektrizitätssektor vermehrt Strategien zur Anpassung an den Klimawandel ins Auge fassen müssen, zusätzlich zu den Maßnahmen diesen abzuschwächen.“


* Die IIASA-Presseaussendung “ Worldwide electricity production vulnerable to climate and water resource change ” vom 4. Jänner 2016 wurde von der Redaktion aus dem Englischen übersetzt und geringfügig für den Blog adaptiert. IIASA ist freundlicherweise mit Übersetzung und Veröffentlichung ihrer Nachrichten in unserem Blog einverstanden. Die Abbildungen wurden von der Redaktion zugefügt .

[1] Van Vliet MTH, Wiberg D, Leduc S, Riahi K, (2016). Power-generation system vulnerability and adaptation to changes in climate and water resources. Nature Climate Change. https://doi.org/10.1038/NCLIMATE2903

[2] Van Vliet MTH, Yearsley JR, Fulco L, Vögele S, Lettenmaier DP and Kabat P.( 2012). Vulnerability of US and European electricity supply to climate change. Nature Climate Change, https://doi.org/10.1038/NCLIMATE1546