Do, 09.01.2020 — Redaktion
Methan ist nach CO2 das zweitwichtigste Treibhausgas und seine atmosphärische Konzentration steigt im letzten Jahrzehnt stark an. Rund die Hälfte der Emissionen ist anthropogen verursacht, die andere Hälfte stammt aus natürlichen Quellen. Wie diese zum Gesamtbudget von Methan beitragen, ist noch wenig erforscht. Bäume und Insekten dürften eine wichtige Rolle in der Methanemission spielen. Ein besseres Verständnis dessen, wie dies geschieht, könnte dazu beitragen, Senken für Methan und damit effizientere Wege zur Bekämpfung der globalen Erwärmung aufzufinden.*
Da Methan ein Vielfaches des Potenzials von Kohlendioxid als globales Treibhausgas aufweist, können die von Bäumen ausgehenden Methanemissionen - und jede durch den Klimawandel bedingte Änderung in diesen - erhebliche Auswirkungen auf das Erdklima haben.
"Wir haben aerobe (von Baumkronen ausgehende) Emissionen von Methan beobachtet, und diese zeigen im Tagesverlauf ausgeprägte Muster", erklärte Dr. Mari Pihlatie, außerordentliche Professorin am Institut für Agrarwissenschaften der Universität von Helsinki, Finnland. Im Rahmen des MEMETRE-Forschungsprojekts weist sie mit ihrem Team Methan nach, um festzustellen, ob es in den Blättern bei der Photosynthese entsteht oder ob es sich um ein im Boden gebildetes Gas handelt, das durch den Stamm nach oben strömt oder von anderen Vorgängen im Stamm selbst herrührt.
"Anscheinend emittieren die Kronen borealer Bäume tagsüber Methan und nicht in der Nacht und diese Emissionen folgen der photosynthetischen Aktivität und Einstrahlung des Sonnenlichts", sagte Dr. Pihlatie.
Mit den Jahreszeiten variierende Emissionen
Es gibt Hinweise darauf, dass Baumstammemissionen nicht mit der Photosynthese, sondern eher mit der Produktion von Methan im Boden zusammenhängen, das durch die Bäume in die Atmosphäre transportiert wird. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass Methan auf mikrobiellem Wege in den Stämmen selbst entsteht.
Die Methanflüsse von Baumstämmen variieren auch mit den Jahreszeiten, sie steigen an in den nordischen Sommern und sinken in den kalten, dunklen Wintern ab. Diese saisonale Variabilität wirft Fragen auf, wie sich der Beitrag der Bäume zum Methanbudget angesichts der Veränderungen des globalen Klimas in Zukunft auswirken könnte.
Dr. Pihlaties hat ihre Untersuchungen an Kiefern, Fichten und Birken ausgeführt, Bäumen die in den borealen Wäldern von Finnland und Schweden vorkommen und für die hohen nördlichen Breiten in Europa, Asien und Nordamerika typisch sind. Ihr Team führt Feldversuche durch und Experimente unter kontrollierten Laborbedingungen und verwendet stabile Kohlenstoffisotope, um die Herkunft des von Bäumen emittierten Methans zu bestimmen. Indem die Forscher einen umhüllten Baum mit Kohlendioxid aus Kohlenstoff-13 versorgen, wollen sie feststellen, ob der Kohlenstoff, der in den Methanemissionen aufscheint, schnell durch die Photosynthese von den Blättern oder Nadeln der Koniferen fixiert wurde oder ob es sich um "älteren" Kohlenstoff handelt, der von einem anderen Prozesse im Baum stammt.
Untersuchungsmethoden
Um Emissionen in der Baumkrone zu verfolgen, haben die Forscher neue Methoden entwickelt, indem sie einen Zweig in eine luftdichte Box einzuschließen, die mit Lasern ausgestattet ist, um Änderungen der Gasströme und Konzentrationen während der täglichen und jahreszeitlichen Zyklen kontinuierlich und automatisch zu messen.
"Auf diese Weise wollen wir den Zusammenhang zwischen der Methanproduktion und der physiologischen Aktivität des Baumes wie Photosynthese und Transpiration verstehen lernen", sagte Dr. Pihlatie.
Die Aufklärung des Methanprozesses in Bäumen - und die bedeutende Rolle borealer Wälder - könnte ein klareres Bild ihres Beitrags zum globalen Methanhaushalt liefern, in welchen die Methanquellen und -senken (-speicher) zusammengefasst sind. Dies könnte auch dazu beitragen, die zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels auf diese Methanprozesse selbst zu bewerten. "Basierend auf unseren Messungen verringern die Methanemissionen von Bäumen in den borealen Wäldern die Bindungskapazität der Bäume für Kohlenstoff nicht signifikant", sagte Dr. Pihlatie und fügte hinzu: "Diese wachsenden Bäume wirken immer als Kohlenstoffsenke, egal wie viel Methan sie emittieren."
Ansteigende Methan-Konzentrationen
Die globalen Methanemissionen - mit rund 1870 ppb (2018) viel niedriger als die von Kohlendioxid (2018: 407.8 ppm; Anm Redn) - sind in den letzten Jahren stetig gestiegen wie Abbildung 1( vom November 2019) deutlich zeigt. Es gibt noch keine gültigen Erklärungen, warum dies der Fall ist, einige Untersuchungen weisen aber darauf hin, dass das Fracking zur Schiefergasgewinnung ein Hauptverdächtiger für die dramatische Steigerung in den letzten zehn Jahren ist. Was nun aber genau auf den Methanhaushalt einwirkt und wie sich dieser verändert, muss noch besser verstanden werden.
Abbildung 1. Atmosphärische Methankonzentrationen im globalen Mittel von 1985 bis 2018. Messungen von 127 Stationen. (Konzentrationen in parts per billion - ppb- ; im Vergleich dazu werden CO2 Konzentrationen in 1000 fach höheren ppm - parts per million- angegeben) (Bild von Redaktion aus https://public.wmo.int/en/media/press-release/greenhouse-gas-concentrations-atmosphere-reach-yet-another-high eingefügt)
Beispielsweise wirken gut durchlüftete Böden als Senken für Methan: sie absorbieren jährlich etwa 4% der weltweiten Methanemissionen, wobei unterirdische Mikroorganismen als Methanverbraucher wohlbekannt sind. Jüngste Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass dieser Senkeneffekt zurückgehen kann, da der Klimawandel die Niederschläge in gemäßigten und tropischen Regionen erhöht und eine Einbeziehung von Methanemissionen in die Abschätzungen zu einer weiteren Abnahme des Senkeneffekts führen kann.
Unter den im Boden lebenden Tieren sind Termiten wichtige Emittenten von Methan; diese fließen bereits in das globale Methanbudget ein. Zur Rolle, welche andere Bodenbewohner wie Käfer oder Tausendfüßer im Methankreislauf in gut belüfteten Hochlandböden spielen, liegen noch kaum sorgfältige Untersuchungen vor.
Engerlinge
Das von Insektenlarven emittierte Methan, kann genügend wichtig sein, um in den terrestrischen Methanzyklus einbezogen zu werden, sagte Dr. Carolyn-Monika Görres, Bodenökologin am Institut für angewandte Ökologie der Hochschule Geisenheim in Deutschland.
Ihr CH4ScarabDetect-Projekt enthält die ersten Feldversuche zu Methanemissionen von Engerlingen, Larven von Maikäfern aus der Familie der Skarabäiden. Diese Feldstudien am gemeinen Feldmaikäfer Melolontha melolontha - einem beträchtlichen Schädling in der Landwirtschaft und am Waldmaikäfer M. hippocastani zeigten signifikant höhere Methankonzentrationen als unter Laborbedingungen erhalten wurden. Abbildung 2.
Abbildung 2. Die "Belauschen" von Engerlingen zeigt wie deren Aktivitäten mit der Methanproduktion zusammenhängen (Image credit - Carolyn-Monika Görres)
Während erwachsene Tiere nur etwa vier bis sechs Wochen existieren, leben ihre Larven drei bis vier Jahre im Untergrund, fressen an Wurzeln - und produzieren Methan. Dr. Görres entwickelte mit ihrem Team ein System von akustischen Sensoren, mit denen sie die unterirdischen Engerlinge überwachten und aufzeichneten, wenn sich diese bewegten, fraßen und kommunizierten. Das Ziel war es, die Larven "abzuhören", ohne sie zu stören, um zu sehen, wie sich ihre Aktivitäten auf die Messung des Methanflusses auswirken.
Es dürfte vielleicht nicht ganz so einfach sein zu behaupten, dass Engerlinge indem sie Methan emittieren, die Kapazität des Bodens als Methansenke reduzieren. sagte Dr. Görres.
Die Larvenemissionen schaffen günstige Bedingungen für methanverbrauchende Mikroorganismen. Und sie ist der Meinung, dass der Boden längerfristig ein bessere Methansenke werden könnte, wenn Larven entfernt würden oder, wenn sie ihre Methanemissionen in bestimmten Phasen ihres Lebenszyklus verringerten, da die Mikroorganismen dann auf atmosphärisches Methan als Nahrungsquelle umschalten würden.
"Betrachtet man das gesamte Methanbudget, so gibt es keinen großen Unterschied zwischen den (gesamten) globalen Methanemissionen und dem (gesamten) globalen Methanverbrauch. Wenn wir also die Kapazität von (Hochland-) Böden als Senken erhöhen können, bekommen wir die Möglichkeit die Methankonzentration in der Atmosphäre zu reduzieren“, sagte Dr. Görres.
Eine Zusammenfassung woher die globalen Methanemissionen stammen ist in Abbildung 3 dargestellt.
Abbildung 3. Globale Methanemissionen zwischen 2003 und 2012 haben 730 Teragramm (1000 Milliarden Gramm) im Jahr erreicht. Unsicherere Angaben sind in einem helleren Farbton dargestellt. (Image Credit Horizon).
* Dieser Artikel wurde ursprünglich am 7. Jänner 2020 von Rex Merrifield in Horizon, the EU Research and Innovation Magazine unter dem Titel Trees and doodlebugs emit methane – the question is, how? publiziert. Der unter einer cc-by-Lizenz stehende Artikel wurde von der Redaktion möglichst wortgetreu aus dem Englischen übersetzt.
Weiterführende Links
Artikel im ScienceBlog:
- Redaktion, 07.11.2019: Permafrost - Moorgebiete: den Boden verlieren in einer wärmer werdenden Welt.
- Christa Schleper, 19.06.2015: Erste Zwischenstufe in der Evolution von einfachsten zu höheren Lebewesen entdeckt: Lokiarchaea
- Niyazi Serdar Sariciftci, 22.05.2015: Erzeugung und Speicherung von Energie. Was kann die Chemie dazu beitragen?
- Gottfried Schatz, 22.03.2012: Die grosse Frage — Die Suche nach ausserirdischem Leben
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