Trotz massiver regionaler Schädigungen ist der Beitrag der Wälder zur terrestrischen CO2-Aufnahme in den letzten Jahrzehnten gleich hoch geblieben

Do, 18.07.2024 — IIASA IIASA

Icon Wald

Die Aufnahme von Kohlendioxid (CO2) durch terrestrische Ökosysteme wirkt entscheidend auf die Abschwächung des Klimawandels; Wälder sind lebenswichtige Ökosysteme und stellen weiterhin eine starke Waffe im Kampf gegen die globale Erwärmung dar. Eine neue Studie zeigt ein überraschendes Ergebnis: Trotz enormer Gefährdungen infolge von regionalen Abholzungen und Waldbränden, haben Wälder aus globaler Sicht in den letzten drei Jahrzehnten in nahezu unverändertem Ausmaß Kohlendioxid absorbiert.*

In einer soeben in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Studie unterstreichen die Autoren die entscheidende Rolle. die Wälder bei der Abschwächung des Klimawandels spielen [1]. Wie die Studie zeigt, bedrohen die Abholzung der Wälder und Störungen wie Waldbrände diese wichtige Kohlenstoffsenke.

"Wenn auch das globale Gesamtbild ermutigend ist, gibt es große Gebiete mit problematischen Trends und Prognosen. Dies betrifft in erster Linie die zentralen und östlichen Teile im nördlichen eurasischen Kontinent, wo die globale Erwärmung bereits zu einer beispiellosen Ausbreitung von Waldbränden und dem Absterben von 33 Millionen Hektar Wald allein in Russland zwischen 2010 und 2019 geführt hat. Im südlichen Teil dieser riesigen Region erwartet man kritischen Mangel an Feuchtigkeit, der die Existenz der bestehenden Wälder in den gemäßigten Wald- und Waldsteppenzonen in Kasachstan, der Mongolei, Südrußland und der Ukraine in Frage stellen könnte. Das bedeutet, dass wir dringend spezifische Anpassungsstrategien für die Wälder benötigen", erklärt Anatoly Shvidenko, ein Koautor der Studie.

Das Team, dem Forscher aus 11 Ländern angehörten, hat sich bei seiner Arbeit auf langfristige Bodenmessungen in Kombination mit Fernerkundungsdaten gestützt und herausgefunden, dass Wälder durchschnittlich 3,5 Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr aufnehmen, was fast der Hälfte der Kohlendioxidemissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe zwischen 1990 und 2019 entspricht.

"Unser Forschungsteam hat Daten von Millionen von Waldparzellen rund um den Globus analysiert", erklärt Yude Pan, Senior Research Scientist der Northern Research Station des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) und einer der Studienleiter. "Das Besondere an dieser Studie ist, dass sie sich auf umfangreiche Bodenmessungen stützt - im Wesentlichen eine Baum für Baum Bewertung von Größe, Art und Biomasse. Obwohl die Studie auch Fernerkundungsdaten einbezieht, ein übliches Instrument bei nationalen Waldinventuren und Landvermessungen, liegt unsere einzigartige Stärke in der detaillierten Datenerfassung vor Ort."

Die Ergebnisse zeigen, dass die borealen Wälder in der nördlichen Hemisphäre, die sich über Regionen wie Alaska, Kanada und Russland erstrecken, einen erheblichen Rückgang ihrer Kapazität der Kohlenstoffspeicherung erfahren haben; diese ist um 36 % gesunken aufgrund von Faktoren wie zunehmenden Störungen durch Waldbrände, Insektenbefall und Bodenerwärmung. Auch in den Tropenwäldern ist ein Rückgang zu verzeichnen, wobei die Abholzung der Wälder ihre Fähigkeit zur Kohlenstoffaufnahme um 31 % verringert hat. Das Nachwachsen von Wäldern auf zuvor aufgegebenen landwirtschaftlichen Flächen und in gerodeten Gebieten hat diese Verluste jedoch teilweise ausgeglichen, so dass der Nettokohlenstofffluss in den Tropen nahezu neutral ist. In den Wäldern der gemäßigten Zonen hingegen hat sich die Kapazität der Kohlenstoffsenke um 30 % erhöht. Den Autoren zufolge ist dieser Anstieg größtenteils auf umfangreiche Maßnahmen der Wiederaufforstung, insbesondere in China, zurückzuführen.

"Die global gleichbleibende Kohlenstoffsenke der Wälder war angesichts der weltweiten Zunahme von Waldbränden, Dürren, Abholzung und anderen Stressfaktoren eine Überraschung", erklärt Richard Birdsey, leitender Wissenschaftler am Woodwell Climate Research Center in den USA, ein weiterer Studienleiter. "Es stellt sich jedoch heraus, dass die zunehmenden Emissionen in einigen Regionen durch zunehmende Aufnahmen in anderen Regionen ausgeglichen wurden, vor allem durch das Nachwachsen tropischer Wälder und die Wiederaufforstung von Wäldern der gemäßigten Zonen. Diese Ergebnisse untermauern das Potenzial, welches ein besserer Schutz und eine bessere Bewirtschaftung der Wälder als wirksame natürliche Lösungen für das Klima hat".

Die Studie beschreibt, wie bestimmte Maßnahmen und Praktiken der Landbewirtschaftung zur Erhaltung dieser globalen Kohlenstoffsenke beitragen können. Die Ergebnisse sprechen dafür, den Schwerpunkt auf die Eindämmung der Entwaldung in allen Waldbiomen zu legen, z. B. durch die Förderung der Wiederaufforstung von Flächen, die für die Landwirtschaft ungeeignet sind, und die Verbesserung der Holzerntepraktiken, um die Emissionen aus dem Holzschlag und damit verbundenen Aktivitäten zu minimieren. Die Autoren betonen jedoch auch die Einschränkungen bei der Datenerfassung, insbesondere in tropischen Regionen, und fordern eine verstärkte Forschung und die Schaffung weiterer Flächen für Bodenproben in diesen Gebieten, um die Unsicherheiten bei den Kohlenstoffschätzungen zu verringern und das Verständnis des globalen Kohlenstoffhaushalts zu verbessern.

"Die globalen Wälder können weiterhin effizient Kohlenstoff binden und speichern und gleichzeitig zahlreiche andere Vorteile bieten, die die Menschen aus der natürlichen Umwelt und gut funktionierenden Ökosystemen ziehen. Angesichts des zunehmenden menschlichen Drucks und des sich rasch verändernden Klimas ist eine anpassungsfähige und regionalisierte Waldbewirtschaftung jedoch notwendiger denn je", schließt Dmitry Schepaschenko, Koautor der Studie und Senior Research Scholar des IIASA.


 [1] Pan, Y., Birdsey, R.A., Phillips, O.L., Houghton, R.A., Fang, J., Kauppi, P.E., Keith, H., Kurz, W.A., Ito, A., Lewis, S.L., Nabuurs, G., Shvidenko, A., Hashimoto, S., Lerink, B., Schepaschenko, D., Castanho, A., & Murdiyarso, D. (2024). The enduring world forest carbon sink. Nature DOI: 10.1038/s41586-024-07602-x


*Der Artikel "Forests endure as carbon sink despite regional pressures" ist am 17. Juli 2024 als Pressemeldung auf der IIASA-Website erschienen (https://iiasa.ac.at/news/jul-2024/forests-endure-as-carbon-sink-despite-regional-pressures). Der unter einer cc-by-nc Lizenz stehende Artikel wurde von der Redaktion möglichst wortgetreu übersetzt. IIASA hat freundlicherweise der Veröffentlichung der von uns übersetzten Inhalte seiner Website und Presseaussendungen in unserem Blog zugestimmt.


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IIASA, 10.1.2019;Die Wälder unserer Welt sind in Gefahr.

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