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Biogene Isopren-Emissionen spielen eine wesentliche, bislang unerkannte Rolle auf Wolkenbildung und Klima

Sa, 18.01.2025 — Redaktion

Redaktion

Icon Klima

Aerosolpartikel in der Atmosphäre kühlen das Klima ab, indem sie das Sonnenlicht direkt reflektieren und als Nukleationskeime für Wasser fungieren, d.i. für die Bildung von Wolken, die auf die Strahlungsbilanz der Erde stark einwirken. Seit der vorindustriellen Zeit haben Veränderungen der atmosphärischen Partikel so einen Teil der Erwärmung maskiert, die durch den Anstieg des Kohlendioxidgehalts verursacht wurde. Der Großteil der Aerosolpartikel entsteht durch die spontane Kondensation von Spurendämpfen, die sogenannte Nukleation. Das biogene, vor allem von tropischen Regenwäldern emittierte Isopren - der häufigste in die Atmosphäre emittierte Nicht-Methan-Kohlenwasserstoff - wurde bislang für seine Fähigkeit zur Aerosolbildung als vernachlässigbar angesehen. Ein multinationales Team hat nun im Rahmen des CERN-Experiments CLOUD festgestellt, dass Isopren die schnelle Keimbildung und das Wachstum von Partikeln in der oberen Troposphäre sehr effizient fördern kann. Es sind dies wichtige Informationen, die in globalen Klimamodellen bislang unterrepräsentiert sind.

Atmosphärische Aerosole - d.i. heterogene Mischungen aus festen oder flüssigen Schwebeteilchen in einem Gas - spielen eine zentrale Rolle auf das Klima, indem sie Sonnenenergie zurückstreuen und als Kondensationskeime für Wasser, d.i. als Wolkenkondensationskeime fungieren. Aerosolpartikel sind mikroskopisch kleine Partikel, die direkt in die Atmosphäre emittiert werden oder durch chemische Reaktionen mit Vorläufersubstanzen entstehen, wie beispielsweise schwefelhaltigen Gasen, die aus vulkanischer Aktivität und Verbrennung stammen.

Die Vorgänge spielen sich in der sogenannten Troposphäre ab. Diese die Erde bis zu einer Höhe von 15 km umhüllende Schicht enthält bis zu 90 Prozent der gesamten Luftmasse und fast den gesamten Wasserdampf der Erdatmosphäre, in dieser Schichte entstehen also Wolken und findet der Wasserkreislauf statt. Die für die Bildung der Partikel verantwortlichen Dämpfe sind noch nicht gut erforscht, insbesondere in der oberen Troposphäre. Weltweit ist der wichtigste Dampf vermutlich die Schwefelsäure, die sich in der Atmosphäre durch Oxidation von Schwefeldioxid bildet, wie es bei der Verbrennung von Brennstoffen freigesetzt wird.

Die Emissionen aus fossilen Brennstoffen haben seit der vorindustriellen Zeit zur Zunahme von Aerosolen und Wolken geführt. Dementsprechend haben diese zu einem Nettoabkühlungseffekt geführt, der etwa die Hälfte der durch den Anstieg des Kohlendioxids verursachten Erwärmung maskieren dürfte. Dies ist aber eine mit großen Unsicherheiten behaftete Schätzung. Sie erschwert die Vorhersage des Klimas in späteren Jahrzehnten, wenn anthropogene Emissionen zurückgegangen sein sollten. Wenn der Schwefeldioxidgehalt durch Emissionskontrollen gesenkt wird, werden aus biogenen Quellen entstandene Aerosolpartikel an Bedeutung gewinnen, die allerdings derzeit in Klimamodellen kaum eingehen.

Isopren als Nukleationskeim

Flugzeugsmessungen seit mehr als 20 Jahren zeigen hohe Konzentrationen frisch gebildeter Aerosol-Partikel in der oberen Troposphäre über dem Amazonas sowie über dem tropischen Atlantik und Pazifik. Jüngste Untersuchungen führen diese Partikel auf das Molekül Isopren zurück, das von Pflanzen, insbesondere tropischen Bäumen emittiert und durch Konvektion in die obere Troposphäre transportiert wird. Nach Methan ist Isopren der am häufigsten emittierte flüchtige Kohlenwasserstoff in der Atmosphäre. Die jährliche Emissionsrate liegt bei 600 Millionen Tonnen (davon allein etwa 163 Mt aus dem tropischen Südamerika) und macht damit mehr als die Hälfte aller biogenen Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen aus.

Isopren ist eine wesentliche Komponente unserer gesamten Biosphäre (Formel C5H8: Abbildung 1 oben). Das kleine, hochreaktive flüchtige Molekül wird von Pflanzen - vor allem Laubbäumen wie, Eichen, Pappeln und Eukalyptus - aber auch von Algen in großen Mengen produziert und emittiert. In Pflanzen, Mikroorganismen wie auch in höheren Organismen bilden Isopreneinheiten das Grundgerüst von sogenannten Terpenen und Terpenoiden (oxygenierten Terpenen). Wichtige Terpenoide sind u.a. Vitamin A, Vitamin E, Coenzym Q10, Dolichole, und Squalen, von dem sich Cholesterin, Vitamin D und die Steroide herleiten. Der Cholesterinstoffwechsel führt beim Menschen u.a. zur Ausatmung von Isopren, das mit ca. 17 mg/Tag der am häufigsten vorkommende Kohlenwasserstoff in der Atemluft ist. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass sich zahlreiche Arzneistoffe von Terpenen/Terpenoiden ableiten.

Zurück zur Emission von Isopren durch Pflanzen.

Abbildung 1. Reaktionsschema das aus emittiertem Isopren zu einer Reihe von neuen Partikeln führt, die Nukleationskeime für Aerosole bilden. (Bild: Ausschnitt aus Fig.3 in Curtius et al., 2024; [1]. Lizenz: cc-by)

Isopren aus Wäldern wird nachts durch tiefe konvektive Wolken effizient in die obere Troposphäre transportiert. Bei Tageslicht reagiert das Isopren, das sich über Nacht angesammelt hat, zusammen mit dem tagsüber konvektiven Isopren mit reaktivem Sauerstoff (Hydroxylradikalen) und Stickoxyden (NOx) aus Blitzen, um sauerstoffhaltige organische Isoprenmoleküle (IP-OOM) zu erzeugen. Abbildung 1. Die IP-OOM verbinden sich mit Spuren von Säuren und erzeugen bei Temperaturen unter -30 °C hohe Konzentrationen neuer Partikel.

Die neu gebildeten Partikel wachsen über mehrere Stunden und Tage rasch an, während sie den absteigenden Luftmassen folgen. So kann eine umfangreiche Quelle von Wolkenkondensations-kernen für flache kontinentale und marine Wolken entstehen, die die Strahlungsbilanz der Erde beeinflussen. Wie und welche Partikel entstehen werden im multinationalen CLOUD ("Cosmics Leaving Outdoor Droplets") -Experiment am CERN untersucht.

Das CLOUD-Experiment

untersucht im Labor, wie sich Aerosolpartikel unter atmosphärischen Bedingungen aus reaktiven Gasen bilden und wachsen. Ein internationales Team, bestehend aus 21 Institutionen (u.a. unter Beteiligung der Universitäten Wien und Innsbruck), untersucht in der CLOUD-Kammer mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Messgeräten den physikalischen und chemischen Zustand der Teilchen und Gase. Keimbildung und Wachstum von Partikeln werden aus genau kontrollierten Dampfmischungen bei extrem niedrigen Konzentrationen, wie sie in der Atmosphäre vorkommen, ermittelt und auch wie diese (mit einem Teilchenstrahl aus dem CERN Protonen-Synchrotron) durch Ionen aus der galaktischen kosmischen Strahlung beeinflusst werden können.

Abbildung 2. Bildung neuer Partikel aus Isopren in der oberen Troposphäre - schematische Darstellung. Isopren aus Wäldern wird nachts durch tiefe konvektive Wolken effizient in die obere Troposphäre transportiert. Bei Tageslicht reagiert das über Nacht angesammelte Isopren zusammen mit dem tagsüber konvektiven Isopren mit Hydroxylradikalen und NOx aus Blitzen, um sauerstoffhaltige Issoprenmoleküle zu bilden. Diese verbinden sich mit Spuren von Säuren aus der Umgebung und erzeugen bei kalten Temperaturen unter -30 °C hohe Partikelkonzentrationen. Die neu gebildeten Partikel wachsen schnell über mehrere Stunden bis Tage, während sie den absteigenden Luftmassen folgen. Dieser Mechanismus kann eine umfangreiche Quelle von Kondensationskeimen für flache kontinentale und marine Wolken darstellen, die die Strahlungsbilanz der Erde stark beeinflussen. (Bild: Fig. 5 aus Shen et al., 2024; [2]. Lizenz cc-by).

Im CLOUD-Experiment konnte nun erstmals gezeigt werden, dass die von Isopren abstammenden oxidierten organischen Moleküle unter den kalten Bedingungen der oberen Troposphäre – im Bereich von -50 °C – sehr effizient neue Teilchen bilden (typische Teilchen in Abbildung 1). In Gegenwart von geringsten Mengen an Schwefelsäure haben die Nukleationsraten auf das Hundertfache zugenommen und erklären so die hohen beobachteten Teilchenanzahlen in der oberen Troposphäre. Ein eben im Fachjournal Nature erschienener Artikel beschreibt wie die Oxidationsprodukte von Isopren zum schnellen Partikelwachstum beitragen und somit Wolkeneigenschaften und damit das Klima beeinflussen [1].Abbildung 2. In einem parallel erschienenen Artikel in Nature werden die (neu-)identifizierten Mechanismen durch direkte atmosphärische Flugzeugmessungen bestätigt [2].

Das CERN-Experiment CLOUD ergänzt damit Informationen, die in globalen Klimamodellen bislang unterrepräsentiert sind; sie helfen zu verstehen, wie sich die Dinge ändern werden, wenn die Schwefelsäure-Emissionen sinken.


 [1] Curtius, J. et al. Isoprene nitrates drive new particle formation in Amazon’s upper troposphere. Nature (2024). DOI:https://doi.org/10.1038/s41586’024 -08192-4

[2] Shen, J., et al. New particle formation from isoprene under upper tropospheric conditions. Nature (2024). DOI: https://doi.org/10.1038/s41586’024 -08196-0


 

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