Carl Djerassi

Carl DjerassiCarl Djerassi  (1923 - 2015)

Chemiker, emeritierter Universitätsprofessor, Schriftsteller, Bühnenautor, Kunstsammler und Kunstförderer.

Djerassi wurde am 29. Oktober 1923 als Sohn eines Arztehepaares in Wien geboren. 1938 flüchtete er vor dem Naziregime und kam über Bulgarien in die USA, wo er das Kenyon College (Ohio) absolvierte, Chemie an der University of Wisconsin (Madison) studierte und 1945 mit einer Doktorarbeit in Organischer Chemie (Umwandlung von Androgenen in Östrogene) zum PhD promovierte. Nach 4 Jahren Forschungstätigkeit bei CIBA Pharmaceuticals (New Jersey), wo er das erste kommerzielle Antihistamin synthetisierte, wurde er stellvertretender Forschungsleiter bei Syntex (Mexico City). 1951 gelang dort die Synthese von Cortison aus einem in der mexikanischen Yamswurzel vorkommenden Naturstoff und kurz darauf die Synthese des Wirkstoffs der „Pille“, des ersten oralen Verhütungsmittels. 1952 nahm Djerassi eine Berufung als Professor für Chemie an die Wayne State University (Detroit) an, 1959 erfolgte schließlich eine Berufung an die Stanford University, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2002 verblieb. Neben seiner akademischen Laufbahn war Djerassi u.a. Präsident der Syntex Forschung und Gründer und Vorstandsvorsitzender der Zoecon Corporation, wo er einen neuen Weg der Schädlingsbekämpfung - ohne Insektizide - einschlug, nämlich auf der Basis modifizierter Insektenhormone, die die Verpuppung und das Ausschlüpfen der Insekten blockieren.

Als Wissenschaftler war Djerassi einer der profiliertesten Vertreter der Organischen Chemie, seine Arbeiten sind grundlegend für Synthese (vor allem von Steroiden) und Strukturaufklärung von Stoffen (Entwicklung und Anwendung von Masssenspektrometrie, Optischer Rotationsdispersion und Circulardichroismus). Bereits 1965 hat Djerassi zusammen mit J. Lederberg und E. Feigenbaum ein Computerprogramm DENDRAL – die erste Anwendung „künstlicher Intelligenz“ - entwickelt zur Strukturaufklärung unbekannter organischer Verbindungen.

Djerassi hat mehr als 1200 Arbeiten in wissenschaftlichen Journalen publiziert, dazu Monographien über Naturstoffe, physikalisch-chemische Analysenmethoden und Computermethoden („artificial intelligence“).

Ab 1986 war Carl Djerassi in zunehmendem Maße als Schriftsteller und seit 1997 als Bühnenautor tätig. In seinem Bestreben einem breiteren Publikum Naturwissenschaften nahezubringen, hat er neue Formen der Kommunikation „Science in Fiction“ und „Science in Theater“ entwickelt, in welchen er über Naturwissenschaften und die „Stammeskulturen“ der Naturwissenschaftler schreibt.

Zu seinen literarischen Werken zählen Kurzgeschichten, Lyrik, Romane (Science in Fiction), sowie Autobiographien (Die Mutter der Pille, Der Schattensammler), Sachbücher (Non-fiction) und neun Theaterstücke (Science in Theatre). Sein erstes Bühnenwerk „Unbefleckt“ wurde seit 1998 in 12 Sprachen übersetzt und weltweit an 19 Bühnen aufgeführt, dieser Erfolg wurde vom nachfolgenden Stück „Oxygen“ noch übertroffen.

Eine Auflistung der Werke Djerassis würde den Rahmen dieses Curriculums sprengen. Es sei hier auf seine Webseite verwiesen, die u.a. auch Auszüge aus einzelnen Romanen und Stücken, sowie weitere Details enthält.

Der kunstbegeisterte Wissenschaftler Djerassi war nicht nur Kunstsammler (u.a. der Werke von Paul Klee) sondern auch Kunstförderer. Auf seinem Grundstück in Kalifornien hatte er eine Künstlerkolonie gegründet, das Djerassi Resident Artists Program, welches jährlich rund 80 Künstlern aus allen Sparten Unterstützung und Studios bietet (http://djerassi.org/; https://www.facebook.com/DjerassiProgram)

Djerassi verstarb im 92. Lebensjahr im Jänner 2015 an einem Krebsleiden.

Auszeichnungen

Für seine Forschungstätigkeit wurde Djerassi weltweit mit nahezu unzähligen wissenschaftlichen Auszeichnungen, Mitgliedschaften in den renommiertesten Akademien und insgesamt 30 Ehrendoktoraten geehrt (siehe http://www.djerassi.com/bio/bio2.html). Djerassi ist u.a. der einzige amerikanische Chemiker, dem sowohl die National Medal of Science (für die erste Synthese eines oralen Verhütungsmittels) als auch die National Medal of Technology (für den hormonellen Weg der Schädlingsbekämpfung) verliehen wurde. 1978 erhielt er den Wolf-Preis für Chemie und wurde in die National Inventors Hall of Fame aufgenommen.

In Österreich erhielt Djerassi u.a. folgende Auszeichnungen: das „Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst“ (1999), das “Grosse Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich”(2002), die “Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold” (2003), das “Grosse Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich”(2008), sowie (spät aber doch) Ehrendoktorate der Universität Wien (2012), der Medizinischen Universität Wien (2012), der Universität für Angewandte Kunst (2013) und der Sigmund Freud Universität (2013). Eine österreichische Briefmarke mit Djerassis Bild ist 2005 erschienen.


Artikel von Carl Djerassi im ScienceBlog