Fr, 12.04.2014 - 05:18 — Redaktion
Fast auf den Tag genau vor einem Jahr – und nach bereits beinahe zwei Jahren Bloggeschichte – kündigte ScienceBlog.at den Provider und zog auf eine neue Website um, diesmal auf eigener Infrastruktur. Unverändert blieb unser Anspruch, „Wissenschaft aus erster Hand“ zu bieten: nach wie vor sind die Blog-Artikel von Topexperten verfasst, die über ihre Forschungsgebiete in einer für Laien leicht verständlichen Sprache schreiben..
Verändert hat sich die Gestaltung der Seite, und diese Entwicklung geht weiter in Richtung optimiertes Layout, möglichst hohe Benutzerfreundlichkeit und eine Strukturierung, welche uns erlaubt, von den vielen Möglichkeiten, die das System uns bietet, Gebrauch zu machen. Eine dieser Weiterentwicklungen ist das Gruppieren der Artikel nach Themenschwerpunkten, die wir Ihnen – heute beginnend mit „Evolution“ – in den folgenden Wochen einzeln vorstellen möchten.
Ein Jahr auf der neuen Website
Unter dem Titel „ScienceBlog in neuem Gewande — Kontinuität und Neubeginn“ [1] erschien am 12. April des Vorjahrs der erste Beitrag auf der neuen Seite. Der Artikel beschrieb die Themen des Blogs, den Qualitätsanspruch an Inhalte und Autoren und die Resonanz, die der Blog auf seiner alten Seite hatte. Weitere Details finden sich im Artikel „Der ScienceBlog zum Jahreswechsel 2013/2014“ [2].
Ein sehr dickes Buch
Als Naturwissenschafter wird es einem heute immer deutlicher vor Augen geführt, dass und wie die Grenzen zwischen einzelnen naturwissenschaftlichen Disziplinen verschwimmen: Ein Biochemiker, beispielsweise, ebenso wie ein Biologe, muss heute Wissen und Technologien aus Fächern wie analytischer, organischer und physikalischer Chemie, aus Strukturbiologie, Molekularbiologie, Genetik, Physiologie und vielleicht auch Pathologie anwenden. Darüber hinaus benötigt er auch einige Kenntnisse in Datenverarbeitung und -speicherung. Auch die moderne Medizin („science-based medicine“) ist eine molekulare Wissenschaft geworden, benötigt neben medizinisch/pharmazeutischen Grundlagen chemisch/biologische Expertise und ein Arsenal an physikalischen/chemischen Untersuchungs- und Analysenmethoden. Ähnlich komplexe, fächerübergreifende Zusammenstellungen finden sich in den meisten anderen naturwissenschaftlichen Disziplinen.
Mit ScienceBlog.at wollten wir von Anfang an der transdisziplinären Natur der meisten naturwissenschaftlichen, auch auf andere Gebiete angewandten, Problemstellungen Rechnung tragen. Die Artikel sollten Naturwissenschaften in ihrer ganzen Breite umspannen, es sollte daraus etwas entstehen, das Aspekte aus allen Gebieten darstellte, und die so – als immer wieder neu zusammenstellbare Bausteine – ein „Kaleidoskop der Naturwissenschaft“ schaffen würden.
Nachdem bereits alle auf der alten Seite erschienenen wissenschaftlichen Artikel auf die neue Seite transferiert sind (ihre Inhalte hatten nichts an Gültigkeit der Information und der Aussagen eingebüßt), liegen mit den wöchentlich neu erscheinenden Beiträgen nun insgesamt 140 Artikel vor. Zur Förderung von Lesbarkeit und Verständnis weisen die meisten Artikel Illustrationen auf und verfügen über weiterführende Links: seriöse, leicht verständliche und frei zugängliche Literatur und – wenn möglich – auch Videos. Bei einer durchschnittlichen Länge der Artikel von rund 1'600 Wörtern plus den weiterführenden Links, entsprechen alle Artikel zusammengenommen dem Volumen eines Buchs von mindestens 1'000 Seiten im Printformat.
Ein derartiges Buch („Kaleidoskop der Naturwissenschaft“) benötigt eine Strukturierung in Kapitel und Unterkapitel – eine Anwendung, die durch das verwendete Content-Managing-System „Drupal“ unseres Blogs durchaus ermöglicht wird. Wir haben die bis jetzt erschienenen Artikel nach ihren Themen einem oder auch mehreren Schwerpunkten zugeordnet und entsprechende Schlagwortlisten erstellt. Neue Artikel werden dementsprechend laufend eingegliedert und bei Bedarf neue Schwerpunkte gesetzt. Die Schwerpunkte geben die Möglichkeit, ein Thema von den Gesichtspunkten unterschiedlicher Disziplinen aus kennenzulernen, wobei jede Disziplin durch darin international ausgewiesene Experten repräsentiert wird, die ihr Wissen und ihre Standpunkte in leicht verständlicher Form kommunizieren.
Es entsteht somit ein neues Format, eine Art „e-Blogbook“, das über Themenschwerpunkte ein Vorgehen nach Art eines e-Books erlaubt, darüber hinaus aber die Möglichkeit einer breiten Diskussion im Blog bietet.
Zu den Autoren
Bis jetzt konnten wir 54 Autoren rekrutieren, davon 17 im Vorjahr. Die meisten Autoren haben österreichische Wurzeln und sind international hochrenommierte Experten. Das Navigationssystem des Blogs bietet unter „Autoren“ zumeist ausführliche (wissenschaftliche) Lebensläufe der alphabetisch aufgelisteten Personen und Links zu ihren im Blog erschienenen Artikeln.
In unserem Konzept, renommierte Wissenschafter als Kommunikatoren ihrer Fächer auftreten zu lassen, sehen wir eine Parallele zum „Botschafterprogramm“, einem Pilotprojekt der US National Academy of Sciences (NAS), „um der Notwendigkeit eines allgemein besseren Verständnis für wissenschaftliche Belange begegnen zu können. […] Aufbauend auf der Hochachtung, welche die Bevölkerung für Wissenschafter und Technologen empfindet [..wurde von der NAS..] ein Team erfahrener Wissenschafter und Technologen aus dem akademischen Umfeld, der Industrie und dem staatlichen Bereich ausgewählt, die als Botschafter der Wissenschaft dienen sollen.“ [3]. Auch in unserem Land (ebenso wie in anderen EU-Ländern) hält der überwiegende Teil der Bevölkerung Wissenschafter selbst für wohl am besten geeignet, um die Auswirkungen von wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen auf die Gesellschaft zu durchleuchten und zu erklären [4].
Resonanz auf den ScienceBlog.at
Seit dem Relaunch der Seite sehen wir steigende Zugriffszahlen (Abbildung 1). Im vergangenen Monat März zählte unsere Serverstatistik (Webalizer) bereits 12'771 Besucher (unterschiedliche IP-Adressen), die in diesem Zeitraum 151'011 Seiten abfriefen. Jeder Besucher hatte also offensichtlich wesentlich mehr als nur eine Seite gelesen. In den vergangenen 12 Monaten wurden rund 1,4 Millionen Seiten abgerufen, sodass unser Server etwa 52 Terabyte auslieferte.
Abbildung 1. Die Zahl der Besucher mit unterschiedlichen IP-Adressen und der Seitenaufrufe steigen laufend an. (Daten: eigene Messung mit Webalizer)
Einen Vergleich mit den dominierenden deutschsprachigen Wissenschafts-Portalen Scienceblogs.de und Scilogs.de – beides aus jeweils mehreren Dutzend Einzelblogs bestehende Portale – brauchen wir nicht zu scheuen (Tabelle 1). Der Serverdienst Alexa sieht uns im globalen Ranking zwar noch hinter beiden Portalen, in Österreich jedoch liegen wir bereits klar voran. Vor allem zeichnet sich unser Blog durch eine wesentlich niedrigere Absprungrate aus und – im Einklang mit der vielfach höheren Seitenanzahl pro Besucher – durch eine 20fach (sic) längere Verweilzeit.
Blog | Rang global | Rang Österreich | Absprung- rate [%] |
Tägl. Seiten-aufrufe/Besuch | Tägl.Besuchs- dauer [min] |
PageRank (google) |
---|---|---|---|---|---|---|
Scienceblogs.de | 97'549 | 4'858 | 59,6 | 1,70 | 2,34 | 6/10 |
Scilogs.de | 163'701 | 8'368 | 63,7 | 1,59 | 2,18 | 6/10 |
ScienceBlog.at | 228'533 | 1'182 | 35,8 | 30,00 | 46,05 | 7/10 |
Tabelle 1. Statistische Daten zu den dominierenden deutschsprachigen Wissenschafts-Portalen Scienceblogs.de und Scilogs.de sowie ScienceBlog.at (Daten von alexa.com abgerufen am 11.4.2014, 14:00).
Insbesondere hat unsere Seite in der Google-Bewertung „PageRank“ ein '7/10' erhalten – eine Bewertung, die bis jetzt nur sehr wenige Wissenschaftsblogs erzielten (z.B. das amerikanische Format Science-Based-Medicine). Wir sind über diese hohe Wertschätzung sehr glücklich und hoffen, dass wir dieser mit unserem Anspruch auf höchste Qualität an Autoren, Inhalte und Form der Kommunikation auch weiterhin gerecht werden. AC
Themenschwerpunkt Evolution
„Evolution“ ist ein zentrales Thema auf ScienceBlog.at, ist Leitmotiv von Artikeln aus unterschiedlichsten Disziplinen und lässt sich wohl am besten durch das Zitat des Evolutionsbiologen Theodosius Dobzhansky aus dem Jahr 1973 charakterisieren „Nichts macht Sinn in der Biologie, wenn man es nicht im Lichte der Evolution betrachtet.“
Evolution als Hauptthema ihrer Beiträge haben bis jetzt 7 Autoren gewählt; sie repräsentieren state-of-the-art-Standpunkte aus den Disziplinen Mathematik, Informatik, Physik, Astrophysik, Chemie, Biochemie und Biologie. Die insgesamt 20 Beiträge geben ein umfassendes Bild, das von der Evolution des Kosmos und der Entstehung von Molekülen, die als Bausteine des Lebens fungierten (chemische Evolution) zur Entstehung des Lebens und primitiver Lebensformen führten und von hier zur Entwicklung und Modellierung von immer komplexeren biologischen Systemen (biologische Evolution) bis hin zu Vorgängen zur Umgestaltung von Gesellschaften und deren Verhaltensweisen (Tabelle 2).
Unterkapitel | Autor | Titel |
---|---|---|
Ursprung des Kosmos | Peter Aichelburg | Das Element Zufall in der Evolution |
Christian Noe | „Formaldehyd als Schlüsselbaustein der präbiotischen Evolution — Monade in der Welt der Biomoleküle | |
Entstehung des Lebens, primitive Lebensformen | Gottfried Schatz | Die grosse Frage – Die Suche nach ausserirdischem Leben |
Der kleine warme Tümpel - Was urtümliche Einzeller von der Frühzeit des Lebens berichten | ||
Sonnenkinder — Wie das atomare Feuer der Sonne die Meerestiefen erhellt | ||
Schöpfer Zufall — Wie chemische Zufallsprozesse dem Leben Vielfalt schenken | ||
Spurensuche — Wie der Kampf gegen Viren unser Erbgut formte | ||
Peter Schuster | Zum Ursprung des Lebens- Konzepte und Diskussionen | |
Letale Mutagenese — Strategie im Kampf gegen Viren | ||
Evolution komplexer Lebensformen | Walther Gehring | Auge um Auge - Entwicklung und Evolution des Auges |
Evolution der Gesellschaft | Karl Sigmund | Die Evolution der Kooperation |
Peter Schuster | Recycling & Wachstum — Vom Ursprung des Lebens bis zur modernen Gesellschaft | |
Gottfried Schatz | Sprachwerdung — Wie Wissenschafter der Geburt menschlicher Sprache nachspüren | |
Wie geht es weiter? | Peter Schuster | Können wir Natur und Evolution übertreffen? Teil 1: Gedanken zur Synthetischen Biologie |
Können wir Natur und Evolution übertreffen? Teil 2: zum design neuer Strukturen | ||
Uwe Sleytr | Evolution – Quo Vadis? | |
Theoretische Aspekte der Evolution | Peter Schuster | Wie universell ist das Darwinsche Prinzip? |
Unzähmbare Neugier, Innovation, Entdeckung und Bastelei | ||
Gibt es Rezepte für die Bewältigung von Komplexität? | ||
Zentralismus und Komplexität |
Tabelle 2. Artikel auf ScienceBlog.at zum Hauptthema Evolution
Aktivitäten 2014
Wissenschaftskommunikation muss und kann aber nicht nur in Schriftform erfolgen – nicht von ungefähr ist „be-greifen“ ein Synonym für „verstehen“. In diesem Sinne bemüht sich ScienceBlog.at auch dort um den Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, wo das mit dem geschriebenen Wort kaum möglich ist und wo die Anschauung schneller und direkter zum Ziel führt: der Teilchenbeschleuniger LHC (Large Hadron Collider) des CERN (Centre Européenne pour la Recherche Nucléare) in der französischen Schweiz erfährt derzeit eine größere Abschaltung wegen Servicearbeiten und für ein Upgrade, und ScienceBlog.at nützt die freundliche Einladung von Angehörigen des Instituts für Hochenergiephysik der ÖAW, um eine Besichtigung zu organisieren, die im Herbst heurigen Jahres stattfinden wird. Letzte Kleinigkeiten sind noch zu organisieren, doch schon in den nächsten Wochen werden wir Details zur Anmeldung bekannt geben können. Wir erhoffen eine rege Publikumsteilnahme, sodass wir schon jetzt anregen, die entsprechende Ankündigung geistig zu notieren.
Aber auch abseits von der reinen Vermittlung naturwissenschaftlicher Inhalte versuchen wir, uns nach den uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten einzubringen: die Universität Berkeley hat ein Software-Framework „BOINC – Berkeley Open Infrastructure for Network Computing“ geschaffen, über das jeder mit dem Internet verbundene Computer Wissenschaftern auf der ganzen Welt Rechenleistung zur Verfügung stellen kann. Rechenintensive Projekte verteilen über die BOINC-Server Arbeitspakete, die man auf dem eigenen Gerät mit der unbenützten CPU-Zeit abarbeitet und die Ergebnisse hochlädt. ScienceBlog.at beteiligt sich an 13 (von ungefähr hundert möglichen) Projekten, die uns wichtig erscheinen: von der Beherrschung von Malaria über die Simulation von Wirkmechanismen neuer Medikamente und Klimasimulation bishin zu – und hier schließt sich ein Kreis – der Auswertung von LHC-Daten ist der Bogen gespannt. Unter 2,7 Millionen Rechenanlagen, die weltweit teilnehmen oder -nahmen, performen wir mittlerweile unter den top 3‰.
Und freilich bedarf auch Internes der kontinuierlichen Pflege:
- Benutzern von Mobilgeräten wird nun eine vereinfachte Seite ausgeliefert, was hoffentlich die ohnehin gute Ladezeit (SpeedScore 90/100, üblich ist 75-85) auf Mobilgeräten weiter verbessert. Natürlich steht auch auf Mobilgeräten der volle Funktionsumfang inklusive Suche und Navigationsbaum weiterhin zur Verfügung!
- Außerdem haben wir vor kurzem die CPU-Kapazität unseres Servers verdreifacht, um dem gestiegenen Aufkommen gerecht zu werden. Dem Speicher steht ebenso wie der Bandbreite der Netzwerkanbindung Ähnliches unmittelbar bevor, sodass wir hoffen dürfen, technisch für die nächsten Jahre gerüstet zu sein.
- Außerdem können wir ankündigen, dass unsere Seiten in den nächsten Wochen eine professionelle, graphische Überarbeitung erfahren werden.
Fazit
ScienceBlog.at unterscheidet sich von anderen Wissenschaftsblogs:
- Er stellt nicht ein spezielles Fachgebiet dar, sondern umspannt die Naturwissenschaften in ihrer ganzen Breite. Damit entspricht ScienceBlog.at dem transdisziplinären Charakter der modernen Grundlagen- und angewandten Forschung in „Science and Technology“.
- Zahlreiche renommierte Experten garantieren dafür, dass die Inhalte der Beiträge kompetent und state-of-the-art, dabei aber auch in einer für Laien verständlichen Sprache abgefasst sind. Das Autorenkollektiv entspricht damit der Vorstellung der Bevölkerung (nicht nur in unserem Land), dass Wissenschafter wohl am besten geeignet sind, um Wissenschaft und Technologie zu kommunizieren.
- Mit dem Strukturieren der Beiträge in Form eines Buches und dem Setzen von Kapiteln – Themenschwerpunkten – entsteht ein neues Format (e-Blogbook), das sowohl nach Art eines e-Books informiert, darüber hinaus aber die Möglichkeit zu einer blogtypischen, breiten Diskussion über das gesamte Spektrum der Naturwissenschaften auf dem durch unsere Autoren garantierten höchsten Niveau bietet!
- Evolution ist nicht nur ein Hauptthema unseres Magazins, es unterliegt auch selbst einem Evolutionsprozess: der fortlaufenden Optimierung in einer sich stark verändernden wissenschaftlichen Landschaft. Neben seiner Kerntätigkeit der Wissenschaftskommunikation bringt ScienceBlog.at sich nach Maßgabe der Möglichkeiten auch in den Wissenschaftsbetrieb ein.
[1] ScienceBlog in neuem Gewande — Kontinuität und Neubeginn - [2] Der ScienceBlog zum Jahreswechsel 2013/2014
- [3] Aktivitäten für ein verbessertes Verständnis und einen erhöhten Stellenwert der Wissenschaft
- [4] Was hält Österreich von Wissenschaft und Technologie? — Ergebnisse der neuen EU-Umfrage (Spezial Eurobarometer 401)
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