"Macht Euch die Erde untertan" - die Human Impacts Database quantifiziert die Folgen

Fr, 10.02.2023 — Redaktion

Redaktion Icon Datenbank Zu den verschiedenen anthropogenen Auswirkungen auf unserer Erde gibt es nun eine kuratierte, durchsuchbare Datenbank: die Human Impacts Database (HID) - www.anthroponumbers.org. Die HID enthält quantitative Daten (Werte und Zeitreihen von Werten) zu Schlüsselthemen, die ein möglichst umfassendes Bild menschlicher Aktivitäten und deren Folgen geben – vom Anstieg des Meeresspiegels über Viehbestände, Treibhausgasemissionen, den Einsatz von Düngemitteln zum Energiesektor und darüber hinaus. Damit bietet die HID eine einzigartige Ressource für Experten, politische Entscheidungsträger und die breite Öffentlichkeit, die verschiedenen Auswirkungen des Menschen auf den Planeten in ihren Ausmaßen und ihrer Vernetztheit besser zu verstehen.

In den letzten 10 000 Jahren hat der Mensch die Erde massiv verändert. Seine Aktivitäten in Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Bergbau und Industrie haben in komplexer Weise Atmosphäre, Ozeane, Biosphäre und Geochemie der Erde beeinflusst. Die Auswirkungen auf den Planeten sind enorm vielfältig, betreffen nahezu jeden Aspekt des Erdsystems und jede wissenschaftliche Disziplin und werden nun mehr und mehr spürbar. Dennoch sind viele Menschen der Meinung, dass die Erde zu groß ist, um durch menschliche Aktivitäten nachhaltig geschädigt zu werden.

Bis jetzt gibt es nahezu unzählige Studien, die versucht haben den einen oder anderen Aspekt der Auswirkungen des Menschen auf den Planeten (beispielsweise die Treibhausgasemissionen oder den Energieverbrauch) zu quantifizieren. Da Wissenschaftler aus diversen Fächern auf Grund ihrer unterschiedlichen Ausbildung verschiedene Mess- und Analysemethoden anwenden, Daten in unterschiedlichen Einheiten und Formaten melden und verschiedenartige Definitionen verwenden, kann es für Forscher, politische Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit sehr schwierig sein, diese Studien zu verstehen und miteinander in Beziehung zu setzen.

Die Human Impacts Database

Um eine Ressource zu schaffen, in der jeder Interessierte die vielfältigen Auswirkungen auf den Planeten schnell und einfach nachsehen, miteinander verflechten und quantifizieren kann, haben Forscherteams um die Biophysiker Rob Philipps, Professor am CalTech (USA) und Ron Milo, Professor am Weizmann Institut (Rehovot, Israel) die Datenbank Human Impacts Database - Anthroponumbers.org - entwickelt [1].

Beim Aufbau der Human Impacts Database haben sich die Forscher von den Erfahrungen mit dem Aufbau und der Nutzung Website BioNumbers Database - - https://bionumbers.hms.harvard.edu/ - leiten lassen, die Milo und Philipps einige Jahre zuvor herausgebracht hatten. Diese Datenbank enthält quantitative Daten zu verschiedenen Aspekten der (Molekular)Biologie – von Zellgröße zu Konzentration von Stoffwechselprodukten, von Reaktionsgeschwindigkeiten zu Generationszeiten, von Genomgröße zur Zahl der Mitochondrien in der Zelle – und hat sich zu einer weithin genutzten Ressource entwickelt (auch die diesbezüglichen Berichte im ScienceBlog [2],[3] wurden bereits viele Tausend mal aufgerufen ). Heute dient die BioNumbers Database Forschern zum Auffinden biologischer Kennzahlen, relevanter Primärliteratur, zum Erlernen von Messmethoden und zum Unterrichten grundlegender Konzepte in der Zellbiologie.

Die Zahlen

"Meiner Meinung nach liegt der Ursprung des Verstehens im Zahlenverständnis: Sobald man die Zahlen kennt, wird klar, was die Probleme sind, welche Dinge wichtig sind und welche weniger wichtig sind", sagt Philipps.

Die neue Human Impacts Database enthält momentan 307 eindeutige, manuell kuratierte Einträge, die ein breites Spektrum an Datenquellen abdecken, wissenschaftliche Primärliteratur, Regierungs- und NGO-Berichte und Industriemitteilungen einschließen. Bevor ein Eintrag in die Datenbank aufgenommen und veröffentlicht wird, wird er von den Administratoren (Experten in den einzelnen Disziplinen) eingehend geprüft (zum Kuratierungsverfahren: siehe Note S1 [1]). Was derzeit an Einträgen vorhanden ist, sind Schlüsseldaten, die ein erstes quantitatives Bild für die globalen Auswirkungen des Menschen auf die Erde vermitteln können; mit dem Fortschreiten relevanter Forschungsarbeiten, wird die Datenbank weiter wachsen und zu einem immer besseren Verstehen der komplexen Zusammenhänge und zu zielgerichteteren Maßnahmen führen.

Die Daten sind in fünf Hauptkategorien unterteilt: "Land", "Wasser", "Energie", "Flora & Fauna" und "atmosphärische & biogeochemische Zyklen". Da diese Kategorien sehr weit gefasst sind, und Einträge mehreren Kategorien zugeordnet werden können, gibt es dazu auch 20 Unterkategorien, wie beispielsweise "Landwirtschaft" oder "Kohlendioxid". Soweit verfügbar, enthält die Datenbank auch Zeitreihen, um zu veranschaulichen, wie sich diese Zahlen im Laufe der Jahre verändert haben.

Abbildung 1. CO2-Konzentration in der Atmosphäre. Der Eintrag mit der HuID-Nummer 81043 findet sich in der Kategorie "atmosphärische & biogeochemische Zyklen" und Subkategorie CO2 (Quelle: Figure 1 aus Griffin Chure et al., (2022),[1]. Lizenz cc-by-nc-sa)

Als Beispiel für einen solchen Eintrag ist die wohl bekannteste anthropogene Auswirkung auf den Planeten, die steigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre, in Abbildung 1 aufgezeigt.

Der Eintrag findet sich in der in der Kategorie "atmosphärische & biogeochemische Zyklen", Subkategorie "CO2" (B) und ist mit einer fünfstelligen Zahl, "Human Impacts Database identifier"- HuID gekennzeichnet, die auch zitiert werden kann (D). Die aktuelle (d.i. Ende 2021) CO2-Konzentration von ungefähr 415 ppm (C) kann auch in anderen Messgrößen eingesehen werden. Die Zeitreihe im Zeitraum 1964 - 2021 (C) ist graphisch dargestellt (I), die Werte zu einzelnen Zeitpunkten sind interaktiv abrufbar. Es folgen eine Kurzbeschreibung des Inhalts (F) und der angewandten Methoden, einschließlich der Qualität der Messungen (G) und der Link zur Datenquelle ( H). Last, but not least gibt es auch die Information zur Lizenz der Originaldaten (K) und zum Administrator (L).

Von diesen Daten ausgehend kann man in weiterer Folge Einträge zu den CO2-verursachten steigenden Oberflächentemperaturen aufrufen, von hier u.a. Daten zu Gletscherschmelze und Ansteigen der Meeresspiegel, zum CO2-bedingten Absinken des pH-Wertsder Meere usw, usf. In kurzer Zeit erhält man so ein quantitatives Bild von dem Ausmaß der Treibhausgas-verursachten Auswirkungen beispielsweise auf die Meere.

Die Zahlen bieten die Grundlage, um Zusammenhänge in grafischer Darstellung besser erläutern zu können. Ein einfaches Beispiel ist in Abbildung 2 gezeigt.

Abbildung 2. Wachstum der Weltbevölkerung und deren regionale Verteilung, unterschieden nach städtischen und ländlichen Wohnorten. (Quelle: Zeitreihe und Grafik zusammengestellt aus Griffin Chure et al., (2022),[1]. Lizenz cc-by-nc-sa)

Fazit

Mit der Human Impacts Database ist ein großer Wurf gelungen!

Erstmals kann man nun die komplexen vielfältigen Wechselwirkungen zwischen dem Menschen und dem Land, den Ozeanen und der Atmosphäre in quantitativer Weise untersuchen und - auch, wenn die Einträge noch weiter wachsen werden - bereits jetzt besser verstehen. Abbildung 3 gibt einen groben Überblick über das Ausmaß dieser Auswirkungen. Das schnelle, einfache Auffinden relevanter Informationen hat ein enormes Suchtpotential zur Folge - man kann viele Stunden damit verbringen, um über immer neue Zusammenhänge zu spekulieren.

Die Datenbank bietet für Jeden etwas. Forscher haben leichten Zugriff auf quantitative Daten aus seriösen Quellen und den Link zur Primärliteratur. Lehrer und Schüler gewinnen ein besseres Verständnis für das Ausmaß und die komplexen Zusammenhänge der anthropogenen Auswirkungen auf unseren Planeten - entsprechende Themen könnten in den Unterricht aufgenommen werden und einseitigem Aktivismus vorbeugen. Interessierte Laien haben ein Nachschlagwerk, in dem die Informationen auf aktuellem Stand sind und sie diesen (zum Unterschied zu den online Plattformen) voll vertrauen können. Politische Entscheidungsträger schließlich können auf Basis der konkreten Daten Ansätze zur Behebung der humanen Auswirkungen andenken anstatt der üblichen allgemeinen Absichtserklärungen.

Abbildung 3. Menschliche Auswirkungen auf den Planeten und ihre relevanten Ausmaße. Physikalische Einheiten und im täglichen Leben übliche Größen sind links oben dargestellt, die Kategorien oben in der Mitte. (Quelle: Figure 2 aus Griffin Chure et al., (2022),[1]. Lizenz cc-by-nc-sa)

 


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[1] Griffin Chure, Rachel A. Banks, Avi I. Flamholz, Nicholas S. Sarai, Mason Kamb, Ignacio Lopez-Gomez, Yinon Bar-On, Ron Milo, Rob Phillips. Anthroponumbers.org: A quantitative database of human impacts on Planet Earth. Patterns, 2022; 100552, DOI: 10.1016/j.patter.2022.100552

[2] Redaktion, 22.12.2016: Kenne Dich selbst - aus wie vielen und welchen Körperzellen und Mikroben besteht unser Organismus?

[3] Redaktion, 29.12.2016: Wie groß, wie viel, wie stark, wie schnell,… ? Auf dem Weg zu einer quantitativen Biologie