Fr, 09.05.2014 - 05:03 — Bill and Melinda Gates Foundation
Tuberkulose, eine durch das Mycobacterium tuberculosis verursachte bakterielle Infektionskrankheit, ist auch heute noch eine der weltweiten Haupttodesursachen. Jährlich werden weltweit fast 9 Millionen neue Fälle von Tuberkulose gemeldet, wobei eine steigende Zahl dieser Erkrankungen durch Erreger verursacht wird, die gegen vorhandene Medikamente Resistenz aufweisen. In Zusammenarbeit mit globalen Partnern im Gesundheitswesen unterstützt die Bill & Melinda Gates Foundation die Entwicklung und Bereitstellung verbesserter Impfstoffe, Behandlungsmethoden und Diagnosetests. Der folgende Artikel wurde mit freundlicher Zustimmung der Gates Foundation der Website der Stiftung* entnommen und wird Bestandteil des in Kürze zusammengestellten Themenschwerpunkts "Mikroorganismen und Infektionskrankheiten" sein..
Die Herausforderung
Die weltweite TB-Sterblichkeitsrate ist zwischen 1990 und 2009 um 35% gefallen, aber TB ist auch weiterhin eine der weltweiten Haupttodesursachen. Jedes Jahr werden fast 9 Millionen neue Fälle gemeldet.
Der aktuell verwendete TB-Impfstoff bietet nur begrenzten Schutz für Neugeborene und Kinder und keinen Schutz vor Lungentuberkulose bei Erwachsenen. Diese Form der Tuberkulose ist die weltweit häufigste.
Die Stiftung arbeitet daran, die Anzahl der weltweit auftretenden TB-Fälle schnell zu senken und investiert dazu in die Entwicklung und Bereitstellung besserer Impfstoffe, Behandlungsmethoden und Diagnosetests. Außerdem möchten wir Regierungen, multinationale Organisationen und den privaten Sektor für den Kampf gegen die Tuberkulose gewinnen.
Wir konzentrieren uns hauptsächlich auf die Länder mit den häufigsten TB-Fällen, wie Indien, China und Südafrika. Der Verantwortliche für unsere TB-Strategie, die zuletzt 2011 aktualisiert wurde, ist Trevor Mundel, Interim-Direktor der Initiative, die zum Bereich Global Health der Stiftung gehört.
In den letzten zwei Jahrzehnten wurden wichtige Fortschritte im Kampf gegen Tuberkulose (TB) erzielt. Zwischen 1990 und 2009 ist die TB-Sterblichkeitsrate und 35% gefallen. Dank der weltweiten gemeinsamen Bemühungen und des Einsatzes der DOTS-Strategie, der in den Achtzigerjahren empfohlenen Behandlung für TB, konnten zwischen 1995 und 2010 55 Millionen TB-Infektionen behandelt werden, 46 Millionen davon erfolgreich. Im Vergleich zu früheren Behandlungsmöglichkeiten konnten mit diesem Ansatz fast 7 Millionen Menschenleben gerettet werden. In den Jahren 2005 bis 2010 konnten durch die gemeinsame Behandlung von TB und HIV schätzungsweise fast 1 Million Menschenleben gerettet werden.
Trotz dieses Fortschritts bleit TB weltweit weiterhin eine der Haupttodesursachen. 2010 wurden fast 9 Millionen neue Fälle gemeldet. In den letzten Jahren wurden Projekten zur Eindämmung von TB aufgrund des gestiegenen Vorkommens multiresistenter TB-Fälle (MDR-TB, Abbildung 1) Dringlichkeit eingeräumt. Diese Form der Krankheit ist gegen die Erstlinien-Medikamente resistent. Es gibt auch extrem arzneimittelresistente TB-Erreger (XDR-TB), die auch gegen einige Zweitlinien-Medikamente resistent sind. MDR-TB kommt mittlerweile in fast jedem Land der Welt vor. Im Jahr 2008 wurden ca. 440.000 neue Fälle verzeichnet. Die Behandlung dieser Krankheitsformen ist besonders schwierig und kostenaufwendig. Sie sind die direkte Folge jahrelanger unzureichender Diagnosen und Behandlungen. In Ländern mit einer hohen Anzahl an HIV-Infizierten hat die TB-Epidemie stark zugenommen. 2010 starben 350.000 Menschen, die sowohl mit TB als auch mit HIV infiziert waren.
Abbildung 1. Resistenz: Gemeldete Fälle von MDR-Tuberkulose im Jahr 2012. MDR (multi-drug resistant) bedeutet, daß die Erkrankten (zumindest) auf die Behandlung mit den Standardmedikamenten Rifampicin und Isoniazid nicht ansprechen. Insgesamt gab es im Jahr 2012 rund 8,6 Millionen Neuerkrankungen an TB – davon etwa 450 000 geschätzte MDR-Fälle - und 1,3 Millionen Menschen starben daran. (Abb. Von der Redaktion eingefügt: Quelle: WHO)
Die aktuellen Ansätze zur Verhinderung, Diagnose und Behandlung von TB-Infektionen sind nicht ausreichend. Der aktuell verwendete TB-Impfstoff bietet nur beschränkten Schutz für Neugeborene und Kinder und keinen Schutz vor Lungentuberkulose bei Erwachsenen. Diese Form der Tuberkulose ist die weltweit häufigste. Das meistgenutzte Diagnosetool ist das Mikroskop, mit dem sich jedoch nur die Hälfte aller Fälle erkennen lässt. Diese Art der Diagnose ist für Gesundheitsdienstleister zudem sehr arbeitsaufwendig. Die standardisierte DOTS-Behandlung hat zwar gute Erfolge gezeigt, aber ein Patient muss dazu sechs bis neun Monate lang täglich eine komplizierte Kombination von Tabletten einnehmen, die starke Nebenwirkungen haben. Es wird auch vorausgesetzt, dass ein Mitarbeiter des Gesundheitswesens die gesamte Behandlung überwacht. Daher wird die Behandlung von vielen Patienten frühzeitig abgebrochen.
Die Chance
Im letzten Jahrzehnt wurde viel in die Bekämpfung der TB-Epidemie investiert und es wurden zahlreiche neue, vielversprechende Bekämpfungsmöglichkeiten entwickelt. Neue Medikamente, Diagnosetechnologien und schließlich ein neuer Impfstoff könnten den Umgang mit TB weltweit drastisch verbessern. Es ist jedoch noch mehr Forschungs- und Entwicklungsarbeit erforderlich, bis diese Bekämpfungs- und Behandlungsmethoden einfach zugänglich, erschwinglich und einfach anzuwenden sind. Ein wirksamerer Impfstoff wäre das beste und wirksamste Mittel, um die Anzahl der TB-Fälle zu senken. Einigen Prognosen zufolge könnte die Anzahl der TB-Erkrankungen auch durch einen nur teilweise wirksamen neuen Impfstoff bis zum Jahr 2050 um 39 bis 52 Prozent gesenkt werden. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten gibt es einen neuen TB-Impfstoffkandidaten. Er befindet sich aktuell in einer Wirksamkeitsstudie für Säuglinge (Phase IIb), mit der gezeigt werden soll, wie gut der Impfstoff in einer kleinen Bevölkerungsgruppe wirkt.
Aber die Suche nach einem neuen Impfstoff kann viele Jahre in Anspruch nehmen. Daher ist es wichtig, auch kurz- und mittelfristige Strategien zu entwickeln, mit denen die TB-Infektionsrate gesenkt werden kann. Beispielsweise können neue TB-Diagnosetests Behandlungsverzögerungen verkürzen und die Wahrscheinlichkeit einer Frühdiagnose erhöhen, bevor ein Erkrankter weitere Menschen infiziert. Außerdem würde eine einfachere und kürzere Behandlung mit Medikamenten dazu führen, dass mehr Patienten ihre Behandlung erfolgreich abschließen.
Eine Reihe von Impfstoffen, Diagnosetests und Medikamenten befinden sich aktuell in der klinischen Entwicklungsphase. Sie erreichen die Menschen, die sie am meisten benötigen, jedoch nur dann, wenn sie erschwinglich sind und wirksam eingesetzt werden können. Im Bereich der Forschung und Entwicklung sind beträchtliche finanzielle Ressourcen erforderlich. Industrieländer, Länder mit TB-Epidemien, die Pharmaindustrie und Stiftungen müssen daher nachhaltig in die Bekämpfung investieren.
Unsere Strategie
Die TB-Strategie der Bill & Melinda Gates Foundation für die Jahre 2011-2016 geht auf eine Vielzahl der zur TB-Epidemie gehörigen Faktoren ein.
Ein neuer Impfstoff wäre die wirksamste Lösung, um die Anzahl der TB-Fälle zu senken. Daher liegt unser Schwerpunkt auf der Entwicklung neuer Impfstoffe und innovativer Möglichkeiten, Impfstoffe schneller bereitzustellen. Die Kombination aus Impfstoffbereitstellung, Diagnosetests und Medikamenten ist jedoch im Kampf gegen die Epidemie ausschlaggebend.
Außerdem konzentrieren wir uns auf die Entwicklung kürzerer und einfacherer Behandlungsmethoden. Patienten, die Ihre Behandlung nicht abschließen, können andere Menschen mit TB infizieren und arzneimittelresistente Bakterienstämme entwickeln, die bis zu zwei Jahre lang mit wesentlich teureren Zweitlinien-Medikamenten behandelt werden müssen.
Ein weiterer Fokusbereich ist die Entwicklung schnellerer und präziserer Diagnosetests, die zu einem früheren Behandlungsbeginn und zu einer geringeren Übertragungsrate der Krankheit führen würden. Aber solche neuen Lösungen können die Anzahl der TB-Fälle nur dann senken und Millionen von Menschenleben retten, wenn sie schnell und effizient dort eingesetzt werden, wo sie am dringendsten benötigt werden. Wir investieren daher in Forschungsvorhaben in Indien und China, wo insgesamt fast 40 Prozent aller weltweiten TB-Fälle vorkommen, sowie in Südafrika, wo mehr als ein Fünftel aller TB-Fälle in Afrika vorkommt. Außerdem leben dort viele Menschen, die sowohl mit HIV als auch mit TB infiziert sind.
Wir setzen uns auch für eine adäquate Finanzierung für den Kampf gegen TB ein. Dabei unterstützen wir Bemühungen um eine erhöhte finanzielle Unterstützung für Forschung und Entwicklung. Wir arbeiten dabei mit weltweiten Finanzierungsorganisationen, wie dem Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria sowie mit UNITAID, um die Kosten für innovative Technologien zu senken und deren Akzeptanz zu beschleunigen.
Fokusbereiche
Verbesserte Impfstoffe
Wir investieren in die Entwicklung und behördliche Zulassung von wirksameren TB-Impfstoffen. Unser Ziel ist, bis 2016 einen Impfstoffkandidaten in klinischen Phase-III-Studien sowie weitere neue TB-Impfstoffkandidaten zu haben.
Gleichzeitig arbeiten wir daran, die Hindernisse zu beseitigen, die der Entdeckung und Entwicklung weiterer TB-Impfstoffe im Wege stehen. Die Funktionsweise des Schutzmechanismus durch TB-Impfung wird immer noch nicht vollkommen verstanden und es gibt keine bekannten Biomarker, die die Wirksamkeit eines TB-Impfstoffkandidaten vorhersagen können. Daher erfolgt die Entwicklung von Impfstoffen derzeit in langwierigen und kostspieligen Studien.
Wir haben infolgedessen ein TB-Impfstoff-Beschleunigungsprogramm entwickelt, mit dem vielversprechende Impfstoffkonzepte als Alternativen zu den schon bestehenden erkannt werden. Sie könnten unser Verständnis der TB-Krankheit potenziell verbessern und somit zur Entwicklung eines effizienteren Impfstoffs führen.
Wirksamere medikamentöse Behandlung
Der TB-Erreger wird schnell gegen ein einzelnes Medikament resistent. Daher ist bei der Behandlung immer eine Kombination aus mehreren Medikamenten erforderlich. Die konventionelle Arzneimittelentwicklung erfordert allerdings, dass neue TB-Medikamente in klinischen Studien separat getestet werden. Medikamente können erst dann in Kombination getestet werden, wenn jedes für sich bereits genehmigt wurde. Das bedeutet, dass die Entwicklung einer effizienteren TB-Behandlung Jahrzehnte in Anspruch nehmen könnte. Um dieses Hindernis zu überwinden, haben wir uns mit Partnern zusammengeschlossen und gemeinsam die Initiative Critical Path to TB Drug Regimens (CPTR) gegründet. Bei dieser Initiative arbeiten führende internationale Pharmaunternehmen, Experten des Gesundheitswesens, Nichtregierungsorganisationen sowie Aufsichtsbehörden aus mehreren Ländern zusammen, um schneller vielversprechende TB-Medikamentenkandidaten in Kombination zu testen. Außerdem sollen neue Zulassungsverfahren und andere Lösungswege für eine schnellere Medikamentenentwicklung geschaffen werden.
Wir benötigen zudem neue Medikamente, mit denen die Behandlungsdauer drastisch verkürzt werden kann. Daher unterstützen wir das TB Drug Accelerator-Programm, mit dem nach neuen Möglichkeiten zur Bekämpfung von Bakterien gesucht wird, die gegen die aktuellen Medikamente resistent sind. Dabei sollen Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Medikamente gefunden werden, mit denen die Behandlungsdauer verkürzt wird.
Neue Diagnosewerkzeuge
Abbildung 2. Der Mikroskopieraum in einem auf Tuberkulose und Atemwegskrankheiten spezialisierten Krankenhaus in Neu-Delhi, Indien.
Wir entwickeln kostengünstigere und wirksamere Diagnosewerkzeuge, die mehr TB-Patienten erreichen und an Ort und Stelle und nicht in einem weit entfernten Labor eingesetzt werden können (Abbildung 2). Im Verlauf wird auch nach neuen Biomarkern der TB-Infektion sowie nach Therapien geforscht, die die Erkennung und klinische Behandlung von TB verbessern. Eine von uns finanziell unterstützte neue Technologie, GeneXpert, kann möglicherweise die Geschwindigkeit und Genauigkeit der TB-Diagnose wesentlich verbessern. Wir müssen Möglichkeiten finden, um dieses Werkzeug möglichst vielen Menschen zur Verfügung zu stellen, denn eine schnelle und präzise Diagnose ist die Grundlage für einen raschen Behandlungsbeginn und verhindert somit die weitere Ausbreitung der Krankheit.
Verbreitung von Innovationen in der TB-Kontrolle
Wir führen Pilotstudien zur Entwicklung innovativer Werkzeuge zur Eindämmung von TB und Bereitstellungsmöglichkeiten für Medikamente in Indien, China und Südafrika durch. Die gefundenen wirksamsten Ansätze werden an andere weitergeleitet. Eines unserer Projekte befasst sich mit der Suche nach der kostengünstigsten Bereitstellung schnellerer und präziserer Diagnosewerkzeuge in Südafrika. In Indien haben wir die indische Regierung, die Weltgesundheitsorganisation (WHO), USAID und die Weltbank zusammengebracht, um innovative Arbeiten zur Eindämmung von TB zu unterstützen. Wir erhalten auch Unterstützung vom privaten Sektor in Indien, um die Forschung und Entwicklung im Bereich TB-Diagnose und -Behandlung voranzutreiben. Dank der Arbeit unserer Interessengruppen in China wurde die MDR-Tuberkulose von den Krankenversicherungen des Landes als „sehr erstattungsfähige Krankheit“ eingestuft. So erhalten an MDR-TB erkrankte chinesische Patienten leichter finanzielle Unterstützung zu Ihrer Behandlung.
Zugang, Wirksamkeit und Kostenreduzierungen
Durch unsere Zusammenarbeit mit globalen Partnern im Gesundheitswesen, wie dem Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria, der WHO und UNITAID, können diese Organisationen ihre Ressourcen und Investitionen optimal einsetzen und so die Kosten der Entwicklung innovativer Technologien senken. Außerdem können auf diese Art und Weise auch genügend Hersteller gefunden werden, um stabile und erschwingliche Preise für neue TB-Therapien zu garantieren und die Akzeptanz neuer, effizienter Lösungen im Kampf gegen die Tuberkulose zu beschleunigen.
Interessengruppen
Wir treten für mehr politisches Engagement und finanzielle Unterstützung im Kampf gegen die TB ein, vor allem für die Forschung und Entwicklung in den späteren Phasen der klinischen Studien. Wir glauben, dass starke Partnerschaften mit Geberländern, multinationalen Institutionen, der Pharmaindustrie und der Biotechnik, sowie mit den Regierungen der TB-endemischen Länder im Kampf gegen die Krankheit enorm wichtig sind. Diese Partnerschaften führen letztlich zu größeren Investitionen in die Forschung und Entwicklung sowie in die Bereitstellung vorhandener und neuer Diagnose- und Therapiewerkzeuge.
http://www.gatesfoundation.org/de/What-We-Do/Global-Health/Tuberculosis
Weiterführende Links
Bill und Melinda Gates Stiftung
Videos
Das ABC des Dr Robert Koch Tuberkulose. Video 2:56 min http://www.youtube.com/watch?v=FYRyoAPhH8E Tetanus und Tuberkulose - Dokumentation über die Entdeckung der Bakterien, die Tetanus und Tuberkulose verursachen : Teil 1 14:31 min. Teil 2 14:31 min. Vernachlässigte Krankheiten – Multiresistente Tuberkulose (Ärzte ohne Grenzen). Video 6:20 min
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