Kann der Subventionsabbau für fossile Brennstoffe die CO₂ Emissionen im erhofften Maß absenken?

Kann der Subventionsabbau für fossile Brennstoffe die CO₂ Emissionen im erhofften Maß absenken?

Do, 08.02.2018 - 09:45 — IIASA IIASAIcon Politik & Gesellschaft

Der überwiegende Teil der globalen CO2-Emissionen stammt aus der Verbrennung fossiler Energieträger, die von den Staaten subventioniert werden. Laut einer neuen, vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA; Laxenburg bei Wien) geleiteten Untersuchung, würde eine Streichung dieser Förderungen - selbst, wenn sie weltweit durchgesetzt werden könnte - aber einen nur überraschend geringen Einfluss auf die globalen CO2-Emissionen haben und bis 2030 auch zu keinem Boom im Ausbau erneuerbarer Energien führen. Die größten Effekte des Subventionsabbaus hätten dabei Erdöl-und Gas-exportierende Länder, in welchen weniger unter der Armutsgrenze lebende Menschen betroffen wären.*

Subventionen für fossile Brennstoffe summieren sich weltweit auf ein jährliches Volumen von Hunderten Milliarden Dollar; die Streichung dieser Förderungen hat man daher als ein wesentliches Instrument zur Abschwächung des Klimawandels gesehen. Es ist dies aber leider nicht die von Vielen erhoffte Wunderwaffe, wie eine heute im Fachjournal Nature erscheinende Analyse aufzeigt, die unter der Leitung des IIASA durchgeführt wurde [1].

Die Studie§

Dieser, vom 7. Forschungsrahmenprogramm der EU unterstützten Studie liegen neue Modelle - sogenannte Integrated Assessment Models (IAM s) - zugrunde, die wesentliche Faktoren, vor allem hinsichtlich des zu erwartenden Energiebedarfs, berücksichtigen. Abbildung 1. Mit diesen Modellen wurden länderweise Prognosen für Brennstoffverbrauch und CO2-Emissionen unter Beibehaltung und bei Abschaffung der Subventionen erstellt und verglichen. Als wesentliche, den Brennstoffverbrauch bestimmende Faktoren, wurden dabei das voraussichtliche Wachstum der Bevölkerung und der Wirtschaft, die Zunahme des Transports, die Steigerung von Effizienz, der Übergang zu reineren Brennstoffen und die Elektrifizierung mit einbezogen.

Abbildung 1. Zur Abschätzung des künftigen Angebots und Bedarfs an Brennstoffen und den dadurch verursachten CO2-Emissionen. Während die künftige Versorgung mit Brennstoffen bereits im Detail durch Modelle beschrieben werden konnte, war dies für Bedarf an Brennstoffen nicht der Fall. Im Rahmen des FP7-Programms Advance wurden dafür neue Modelle - Integrated Assessment Models (IAMs) - erstellt, die wesentliche, den zu erwartenden Bedarf bestimmende Faktoren berücksichtigen (Abbildung von der Redaktion eingefügt. Quelle: Project No 308329 ADVANCE "Advanced Model Development and Validation for Improved Analysis of Costs and Impacts of Mitigation Policies",DELIVERABLE No 7.13 , Report on Final Conference. http://www.fp7-advance.eu/)

Die Prognosen

Der Abbau der Unterstützungen würde den Anstieg der CO2-Emissionen nur wenig verlangsamen: demnach würden um das Jahr 2030 die Emissionen nur 1 - 5 % niedriger ausfallen, als bei Beibehalt der Subventionen und das unabhängig davon ob die Ölpreise nun hoch oder niedrig wären. Dies würde im Jahr 2030 dann einer Reduktion um 0,5 - 2,0 Gigatonnen CO2 (Gt/Jahr) entsprechen - das sind wesentlich niedrigere Einsparungen als im Pariser Klimaabkommen freiwillig zugegesagt wurden, nämlich insgesamt 4 - 8 Gt/Jahr. Allerdings würden auch diese Reduktionen nicht ausreichen, um die Klimaerwärmung auf 2° C zu begrenzen.

"Dafür, dass der Gesamteffekt so gering ausfällt, gibt es zwei Gründe ", sagt die IIASA-Forscherin Jessica Jewell, die Erstautorin der Studie [1] ist. "Zum ersten gelten die Subventionen generell nur für Öl, Gas und Elektrizität. Das bedeutet, dass ein Wegfall der Subventionen in einigen Fällen ein Ausweichen auf die emissionsreichere Kohle mit sich bringen würde. Der zweite Grund: wenn die Fördermittel sich insgesamt auch auf enorme Geldsummen belaufen, so ist deren Anteil am Preis einer Energieeinheit nicht hoch genug, um eine nennenswerte Auswirkung auf den globalen Energiebedarf zu haben. Bei Wegfall der Subventionen würde dieser nur um 1 -7% zurückgehen. " Des weiteren würde der Subventionsabbau nicht zu einem Boom in der Anwendung erneuerbarer Energie führen: Im allgemeinen kommt es ja billiger den Energieverbrauch zu drosseln, als die geförderten Brennstoffe durch erneuerbare Energie zu ersetzen.

Obwohl der Subventionsabbau - weltweit betrachtet - nur wenig Einfluss auf die Emissionen hat, gibt es regionale Unterschiede. Die größten Auswirkungen würden in Erdöl - und Gas exportierenden Regionen auftreten, wie in Russland, Lateinamerika, im mittleren Osten und in Nordafrika. In diesen Gegenden würden die durch Wegfall der Subventionen entstehenden Emissionseinsparungen den Zielen der Klimaschutz-Zusagen nahekommen oder diese sogar übertreffen.

In Entwicklungsländern, die nicht zu den wichtigen Öl- und Gasausfuhrländern zählen, würde der Wegfall der Subventionen generell wesentlich schwächere Auswirkungen haben. Einige der angewandten Modelle deuten sogar auf einen Anstieg der Emissionen in gewissen Regionen hin - beispielsweise in Afrika und Indien -, da man dort vom nicht mehr geförderten Öl und Gas auf Kohle ausweichen würde.

Subventionsabbau und in Armut lebende Menschen

Die regionalen Unterschiede weisen auf einen sehr wichtigen Aspekt hin: man muss überlegen, welche Auswirkungen der Wegfall der Subventionen auf die Armen haben würde. Vielfach wurden ja Subventionen fossiler Brennstoffe eingerichtet, um den Menschen mit niedrigem Einkommen zu helfen. Obwohl der Großteil dieses Geldes an die Wohlhabenden geht, setzt sich ein Haushaltsbudget umso mehr aus solchen Unterstützungen zusammen, je ärmer jemand ist - deren Streichung würde daher massive Auswirkungen auf das tägliche Leben haben.

Beispielsweise würde der Wegfall der Förderungen bedeuten, dass ein Umstieg auf moderne Brennstoffe für viele arme Menschen außerhalb ihrer Möglichkeiten läge. Als Folge würden diese dann Brennholz und Holzkohle verwenden, die beide Treibhausgase emittieren.

Glücklicherweise ist die Mehrheit der ärmsten Bevölkerungsschichten in Regionen zu finden, in denen der Wegfall von Subventionen kaum Einfluss auf die CO2 Emissionen hätte. In den reicheren Öl- und Gas-exportierenden Ländern hingegen würde der Subventionsabbau bedeutend höhere Emissionseinsparungen bringen und weniger nachteilige Auswirkungen auf die Armen haben. Der Ölpreis ist zu Zeit ja niedrig.

"Die Regierungen der Erdöl und Gas produzierenden Länder sind bereits unter Druck die Ausgaben für die Subventionen zu kürzen, da die Einnahmen sinken. Dies bietet eine einmalige politische Gelegenheit die Subventionen in Ländern abzuschaffen, in denen damit der stärkste Einfluss auf die Emissionen erzeugt wird und der geringste Schaden für die Armen", sagt Jewell.

Schlussendlich zeigen die Ergebnisse der Studie, dass eine Abschaffung der Subventionen für fossile Brennstoffe, insbesondere in gewissen Regionen, Vorteile bringt. Allerdings muss dabei mit Augenmaß vorgegangen werden. Der IIASA Energy Program Direktor Keywan Riahi, der auch Koautor der Studie ist, meint dazu: "Wir sagen nicht: Streicht die Subventionen nicht. Wir sagen aber, dass es uns bewusst sein muss, dass der Subventionsabbau geringere Auswirkungen haben kann, als wir erhoffen und die in Armut lebende Bevölkerung unverhältnismäßig stark beeinträchtigen könnte. Eine gut geplante Vorgangsweise kann dagegen die Förderungen abschaffen ohne den Armen zu schaden. Ein Programm, das nun in Indien getestet wird, hat beispielweise die Förderung auf das Gas zum Kochen generell abgeschafft, unterstützt aber die ärmsten Haushalte durch Rabatte."


[1] Jewell J, McCollum, D Emmerling J, Bertram C, Gernaat DEHJ, Krey V, Paroussos L, Berger L, Fragkiadakis K, Keppo I, Saadi, N, Tavoni M, van Vuuren D, Vinichenko V, Riahi K (2018) Limited emission reductions from fuel subsidy removal except in energy exporting regions. Nature 554, 229–233 (08 February 2018), doi:10.1038/nature25467 Diese internationale Studie wurde vom European Union’s Seventh Programme FP7/2007- 2013 No 308329 (ADVANCE) unterstützt.


* Der von der Redaktion aus dem Englischen übersetzte, für den Blog adaptierte Text stammt von der IIASA-Presseaussendung am 5. Feber 2018 “Removing fossil fuel subsidies will not reduce CO2 emissions as much as hoped" (embargoed until 7.2.2018, 19:00 h). IIASA hat freundlicherweise der Veröffentlichung von Inhalten seiner Website und Presseaussendungen in unserem Blog zugestimmt. Der mit § markierte Absatz und Abbildung 1 wurden von der Redaktion eingefügt.


Weiterführende Links

IIASA Website: http://www.iiasa.ac.at/ 

Project No 308329 ADVANCE "Advanced Model Development and Validation for Improved Analysis of Costs and Impacts of Mitigation Policies" http://www.fp7-advance.eu/ 

Zur Höhe der Subventionen für fossile Brennstoffe: How great are fossil fuel subsidies? (Frank Aaskov (REA), 2016). https://www.r-e-a.net/blog/how-great-are-fossil-fuel-subsidies-13-01-2016 

Zu den globalen CO2-Emisionen von fossilen Brennstoffen (Interaktive Landkarten: statplanet world bank) https://www.statsilk.com/maps/statplanet-world-bank-app-open-data/?y=199...

Statistical Review of World Energy https://www.bp.com/en/global/corporate/energy-economics/statistical-revi... 


 

inge Thu, 08.02.2018 - 09:45