Alle Gebäude dieser Welt - Der GlobalBuildingAtlas

Alle Gebäude dieser Welt - Der GlobalBuildingAtlas

Sa, 13.12.2026. — Redaktion

Redaktion Icon Politik & Gesellschaft Wie viele Gebäude gibt es auf unserer Erde, wie groß sind sie und wie sehen sie in 3D aus? Basierend auf Satellitenaufnahmen hat ein Forscherteam der Technischen Universität München (TUM) erstmals eine hochauflösende 3D-Karte (nahezu) aller Gebäude weltweit erstellt. Der riesige Datensatz dieses Global Building Atlas umfasst 2,75 Milliarden Gebäude und ist frei zugänglich. Die Daten liefern eine fundierte Grundlage für die Analyse und Entwicklung von Urbanisierung und Infrastruktur und für das Modellieren von Energieverbrauch und Emissionen. Die Kenntnis von Gebäudestruktur und -dichte ermöglicht auch eine bessere Risikobewertung von lokalen bis hin zu globalen Umweltauswirkungen und ein effizienteres Katastrophenmanagement.

Derzeit leben über 50 % der Weltbevölkerung in Städten und mit der fortschreitenden Urbanisierung wird dieser Anteil bis 2050 voraussichtlich auf fast 70 % steigen (Vereinte Nationen, 2024). Für die Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft bedeutet dies große Herausforderungen, insbesondere für eine nachhaltige Stadtplanung, die darauf abzielt, Armut und Ungleichheiten zu reduzieren, Versorgungssicherheit in Hinblick auf Ernährung und Energie zu gewährleisten und Bedrohungen durch Klimawandel und Umweltveränderungen wirksam abzumildern. Um Fortschritte auf diesem Weg zu überwachen, wird als einer der wichtigsten Indikatoren das Verhältnis zwischen Landverbrauch - auf der Basis der verbauten Fläche - und Bevölkerungswachstum herangezogen. Dieser Indikator kann zwar Einblicke in die regionale und globale Verteilung von Bauwerken liefern, führt aber auf Grund seiner zweidimensionalen Informationen zu verzerrten Darstellungen von Städten, wo mehr-/vielstöckige Bauten den Raum auch vertikal nutzen. Erdbeobachtungen aus dem Weltall können nun genutzt werden, um weltweit, insbesondere in schnell wachsenden städtischen Gebieten, ausreichende aktuelle Daten auf dreidimensionaler Ebene zu erheben.

Der GlobalBuildingAtlas (GBA)

Ein Forscherteam um Xiao Xiang Zhu, die Professorin für Datenwissenschaft in der Erdbeobachtung an der Technischen Universität in München (TUM) ist, hat nun erstmals eine vollständige 3D-Karte aller Gebäude unserer Erde erstellt: Den Global Building Atlas. Die Forscher nutzten dazu optische Aufnahmen von PlanetScope - einer aus bis zu mehreren Hundert CubeSats bestehenden Satellitenkonstellation -, die in mehreren Wellenlängen von sichtbarem und infrarotem Licht täglich praktisch den gesamten Globus erfasst und sich durch sehr hohe räumliche Auflösung (3 Meter) auszeichnet. Zusätzlich haben die Forscher verschiedene digitale Karten ausgewertet, aus denen sie die Flächen der Gebäude extrahierten und mit Hilfe der Lidar Technologie (Airborne Laser Scanning) dreidimensionale räumliche Informationen über die Höhe von Gebäuden erhoben. Das Verarbeiten und Analysieren der enormen Datenmengen erforderte neue Signalverarbeitungsmethoden und maschinelles Lernen.

Die Ergebnisse dieses mit einem ERC-Starting Grant geförderten Projekts wurden vor wenigen Tagen im Fachjournal Earth System Science Data veröffentlicht (Xiao Xiang Zhu et al., 2025), der komplette 36 TB große Datensatz ist auf GitHub (https://github.com/zhu-xlab/GlobalBuildingAtlas) sowie auf mediaTUM (https://mediatum.ub.tum.de/1782307) frei zugänglich.

2,75 Milliarden Gebäude

Abbildung 1: Das Zentrum von München. Ein repräsentatives Beispiel für die Darstellung von Gebäuden in Form von LoD1-Modellen. (Quelle: Representative Dataset, rsync rsync://m1782307.rep@dataserv.ub.tum.de/m1782307.rep. Lizenz cc-by-nc.)

Der GlobalBuildingAtlas ist die bislang präziseste Kartierung von Gebäuden. Mit einer beispiellosen räumlichen Auflösung von 3 Metern x 3 Metern - 30-mal besser als bisherige Kartierungen - werden alle Bauwerke erfasst, von denen Satellitenbilder aus dem Jahr 2019 vorliegen. Insgesamt sind dies 2,75 Milliarden Gebäude - um rund 1 Milliarde mehr als in der bisher größten Datenbank enthalten sind. In früheren Kartierungen fehlen vor allem Gebäude-Daten aus Regionen in Afrika, Südamerika und besonders aus ländlichen Gebieten, die im GBA nun erfasst sind.

97 % der Gebäude im GBA liegen als sogenannte LoD1 (Level of Detail 1)-3D-Modelle vor: Es sind dies vereinfachte, vektorbasierte dreidimensionale Darstellungen von Gebäuden, welche die Grundform und Höhe jedes Gebäudes und damit das Gebäudevolumen wiedergeben und sich besonders gut in Computermodelle für diverse Anwendungen (wie für Analysen von Stadtstrukturen, und Infrastrukturplanung) integrieren lassen. Wie solche LoD1-Modelle aussehen ist an Hand eines Ausschnitts vom Zentrum Münchens in Abbildung 1 dargestellt.

Das Gebäudevolumen

Mit der umfassenden globalen Abdeckung und der 3D-Darstellung der Gebäude ermöglicht der GBA detaillierte Analysen zu Anzahl, Fläche und Volumen von Gebäuden und bietet damit neuartige Einblicke wo und wie Menschen auf regionaler und globaler Ebene wohnen. Abbildung 2.

Insgesamt bedecken die 2,75 Milliarden Bauten rund 506 Milliarden m2 der Erdoberfläche (bei einer terrestrischen Erdoberfläche von rund 149 Billionen m2) und haben ein Volumen von 2,85 Billionen Kubikmetern. Die globale Karte des Gebäudevolumens zeigt dabei, dass sich dieses vor allem auf den Südosten Asiens, auf Mitteleuropa und den Osten von Nordamerika konzentriert.

Abbildung 2: Überblick über das Datenset des GlobalBuildingAtlas. Oben links: Zahl der Gebäude in Asien, Europa, Nordamerika, Afrika , Südamerika und Ozeanien. Oben Mitte: Bebaute Fläche ( Mrd m2) auf den einzelnen Kontinenten. Oben rechts: Gebäudevolumina (Mrd m3) auf den einzelnen Kontinente. Unten: Globale Verteilung des Gebäudevolumens (Raster 480 m x 480 m). (Quelle: Figure 3 in Xiao Xiang Zhu et al. 2025, modifiziert. Lizenz cc-by.)

Dass in Asien, das rund 60 % der Weltbevölkerung aufweist, auch die meisten Bauten stehen - rund 44,4 % aller Gebäude -, die größte Fläche - 43,2 % der globalen Baufläche - überbaut ist und es mit 44, 6 % des globalen Gebäudevolumens auch hier an der Spitze liegt, verwundert nicht (Abbildung 2: oben). Afrika (Bevölkerung rund 1,55 Milliarden) besitzt zwar mit 540 Millionen Gebäuden hinter Asien mit 1,22 Milliarden Gebäuden (rund 5 Milliarden Bewohner) die zweithöchste Zahl an Bauwerken, die überbaute Fläche und das Gebäudevolumen zeigen aber, dass es sich dabei um kleine niedrige Bauten handelt.

Das Gebäudevolumen spielt eine zentrale Rolle im GBA, das Verhältnis Gebäudevolumen pro Kopf kann als aussagekräftiger neuer globaler Indikator für Stadtplanung, Ressourcenmanagement, Katastrophenschutz und Klimaforschung herangezogen werden.

„3D-Gebäudeinformationen liefern ein deutlich genaueres Bild von Urbanisierung und Armut als klassische 2D-Karten“, so Xiao Xiang Zhu. „Durch das 3D-Modell wird nicht nur die Fläche, sondern auch das Volumen des Gebäudes ersichtlich. Dadurch lassen sich viel präzisere Schlüsse über die Wohnverhältnisse ziehen. Wir führen damit einen neuen globalen Indikator ein: das Gebäudevolumen pro Kopf, also die gesamte Gebäudemasse im Verhältnis zur Bevölkerung – ein Maß für Wohnraum und Infrastruktur, das soziale und wirtschaftliche Unterschiede sichtbar macht. Dieser Indikator unterstützt die Umsetzung nachhaltiger Stadtentwicklung und hilft, Städte inklusiver und widerstandsfähiger zu gestalten.“ (Pressemitteilung der TUM)

Die Daten des GBA stoßen bereits auf sehr großes Interesse. Laut GitHub hat der Web-Server in den letzten Tagen über 280 000 Zugriffsanfragen erhalten, und die TUM teilt mit: "So prüft das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) den Einsatz des GlobalBuildingAtlas im Rahmen der „Internationalen Charter: Space and Major Disasters“.


Xiao Xiang Zhu et al., GlobalBuildingAtlas: an open global and complete dataset of building polygons, heights and LoD1 3D models. Earth Syst. Sci. Data, 17, 6647–6668, 2025. h https://doi.org/10.5194/essd-17-6647-2025

Pressemitteilung der TUM (2.12.2025): Erstmals alle Gebäude der Welt als 3D-Modell verfügbar. https://www.tum.de/aktuelles/alle-meldungen/pressemitteilungen/details/erstmals-alle-gebaeude-der-welt-als-3d-modell-verfuegbar


 

inge Sat, 13.12.2025 - 13:02