Stickstoffinterventionen als Schlüssel zu besserer Gesundheit und robusten Ökosystemen
Stickstoffinterventionen als Schlüssel zu besserer Gesundheit und robusten ÖkosystemenFr, 16.082024 — IIASA
Die Produktion von Nahrungsmitteln und von Energie hat zu einer erheblichen Stickstoffbelastung geführt, die die Luft- und Wasserqualität beeinträchtigt und Risiken für das Klima und die Ökosysteme mit sich bringt. Ein internationales Team unter Beteiligung von IIASA-Forschern zeigt, wie Stickstoffinterventionen die Belastung verringern, die Gesundheit verbessern und die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) unterstützen können*.
Der Stickstoffkreislauf der Erde gehört zu den am stärksten überschrittenen Grenzen des Planeten. Die landwirtschaftliche Produktion und die Verbrennung fossiler Brennstoffe setzen Stickstoffschadstoffe wie Ammoniak (NH3), Stickoxide (NOx) und Distickstoffoxid (N2O) frei, die zur Luftverschmutzung beitragen und die Ökosysteme schädigen. Diese Verschmutzer schaden der menschlichen Gesundheit, den Nutzpflanzen und den Ökosystemen. Angesichts des weltweit steigenden Energie- und Nahrungsmittelbedarfs ist damit zu rechnen, dass diese Schäden noch weiter zunehmen werden.
Stickstoffinterventionen...
Technologien und Maßnahmen zur Verringerung der Stickstoffbelastung - so genannte "Stickstoffinterventionen" - wurden hinsichtlich ihres Potenzial s zur Verbesserung der Luftqualität und zu reduzierten Auswirkungen auf die Ökosysteme bisher nur unzureichend erforscht. Es klafft eine Lücke zwischen der herkömmlichen Forschung zum Stickstoffbudget, das die Stickstoffflüsse in Luft, Wasser und Boden verfolgt, aber keine Details zu den biogeochemischen Umwandlungen liefert, und der geowissenschaftlichen Forschung, die diese Umwandlungen modelliert, sich aber in der Regel auf ein einziges Umweltmedium konzentriert.
Um diese Wissenslücke zu schließen, hat ein internationales Forscherteam multidisziplinäre Methoden kombiniert, um abzuschätzen, wie Stickstoffinterventionen die Luftqualität verbessern und die Stickstoffeinträge verringern könnten. Ihre Studie, die in Science Advances veröffentlicht wurde, ergab, dass Maßnahmen wie die Verbesserung der Verbrennungsbedingungen für Kraftstoffe, die Steigerung der Effizienz der Stickstoffnutzung in der Landwirtschaft und die Verringerung von Lebensmittelverlusten und -abfällen die Zahl der vorzeitigen Todesfälle aufgrund von Luftverschmutzung, Ernteverlusten und Ökosystemrisiken erheblich senken könnten. Während üblicherweise nur einzelne Ziele wie Luft- oder Wasserqualität betrachtet werden, ist die Einbeziehung der weitgehenden Vorteile des Stickstoffmanagements für eine künftige politische Gestaltung und eine wirksame Bekämpfung der Verschmutzung von entscheidender Bedeutung.
"Wir haben einen integrierten Bewertungsrahmen geschaffen, der künftige Szenarien der Stickstoffpolitik mit integrierten Bewertungsmodellen, Luftqualitätsmodellen und Dosis-Wirkungs-Beziehungen kombiniert, um abzuschätzen, wie ambitionierte Maßnahmen die Luftverschmutzung und die Schädigung von Ökosystemen auf detaillierten geografischen Ebenen verringern können", erklärt der Hauptautor Yixin Guo, ein Postdoktorand, der an der Universität Peking und dem IIASA arbeitet. Abbildung.
Abbildung. Ein iIntegriertes Modellierungsframework schätzt ab, wie ambitionierte Stickstoff-Interventionen die Ammoniak- und Stickstoffemissionen reduzieren und folglich die Luftqualität verbessern können, indem sie die Feinstaub- und Ozonwerte senken und die Stickstoffablagerung verringern, was letztendlich der Umwelt und der öffentlichen Gesundheit zugute kommt. Unten links: Szenarien des International Nitrogen Management System (INMS), die in das Global Biosphere Management Model (GLOBIOM) und das Greenhouse Gas and Air Pollution Interactions and Synergies model (GAINS) implementiert wurden; SSP-RCPs: klimapolitische Pfade, (© Source: Aspirational Nitrogen Interventions Accelerate Air Pollution Abatement and Ecosystem Protection [1]) |
......und was erreicht werden kann
Die Studie zeigt, dass durch ambitionierte Stickstoffinterventionen die weltweiten Ammoniak- und Stickoxidemissionen bis 2050 um 40 % bzw. 52 % gegenüber dem Stand von 2015 gesenkt werden könnten. Dies würde die Luftverschmutzung verringern, 817.000 vorzeitige Todesfälle verhindern, die bodennahen Ozonkonzentrationen senken und Ernteverluste verringern. Ohne diese Maßnahmen werden sich die Umweltschäden bis 2050 verschlimmern, wobei Afrika und Asien am stärksten betroffen sein werden. Sollten diese Maßnahmen jedoch umgesetzt werden, würden Afrika und Asien am meisten davon profitieren.
"Wir haben festgestellt, dass Stickstoffinterventionen im Laufe der Zeit immer mehr Vorteile bieten, wobei die Auswirkungen bis 2050 größer sind als bis 2030. Die größten Reduzierungen von Ammoniak und Stickoxiden werden in Ost- und Südasien erwartet, vor allem durch verbesserte Anbaumethoden und die Übernahme von Technologien in der Industrie. Diese Verringerungen werden dazu beitragen, die Luftverschmutzung zu senken, was es vielen Regionen erleichtern wird, die Zwischenziele der Weltgesundheitsorganisation zu erreichen. Außerdem wird der gesundheitliche Nutzen dieser Maßnahmen mit dem Bevölkerungswachstum zunehmen, insbesondere in Entwicklungsgebieten", fügt Yixin hinzu.
"Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass Stickstoffinterventionen erheblich dazu beitragen können, mehrere Nachhaltigkeitsziele (SDGs) zu erreichen, darunter gute Gesundheit und Wohlbefinden (SDG3), Null Hunger (SDG2), verantwortungsvoller Konsum und Produktion (SDG12) und Leben auf dem Land (SDG15)", sagt Lin Zhang, Mitautor der Studie und assoziierter Professor am Department of Atmospheric and Oceanic Sciences der Universität Peking.
"Diese kollaborative Forschung zeigt, wie die IIASA-Forschung auf globaler Ebene umgesetzt werden kann. Die Lösungen für die Umweltauswirkungen werden je nach Region unterschiedlich sein, was maßgeschneiderte politische Empfehlungen ermöglicht, selbst für komplexe Themen wie die Stickstoffverschmutzung", schließt Wilfried Winiwarter, Mitautor der Studie und leitender Forscher in der Forschungsgruppe für Verschmutzungsmanagement des IIASA-Programms für Energie, Klima und Umwelt.
Guo Y., Zhao H., Winiwarter W., Chang J., Wang X., Zhou M., Havlik P., Leclere D., Pan D., Kanter D., Zhang L. (2024) Aspirational Nitrogen Interventions Accelerate Air Pollution Abatement and Ecosystem Protection, Science Advances, https://doi.org/10.1126/sciadv.ado0112.
*Der Artikel "Nitrogen interventions as a key to better health and robust ecosystem" ist am 16. August2024 auf der IIASA Website erschienen (https://iiasa.ac.at/news/aug-2024/nitrogen-interventions-as-key-to-better-health-and-robust-ecosystems). Der Artikel wurde von der Redaktion möglichst wortgetreu übersetzt und mit 2 Untertiteln ergänzt. IIASA hat freundlicherweise der Veröffentlichung der von uns übersetzten Inhalte seiner Website und Presseaussendungen in unserem Blog zugestimmt.
Rezenter IIASA-Artikel im ScienceBlog:
IIASA, 13.06.2024: Die Emissionen von Distickstoffmonoxid (Lachgas) steigen beschleunigt an - Eine umfassende globale Quantifizierung dieses besonders starken Treibhausgases.