Gibt es Leben auf dem Saturnmond Enceladus?

Gibt es Leben auf dem Saturnmond Enceladus?

Do, 22.06.2023 — Redaktion

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Der kleine Saturnmond Enceladus birgt einen Ozean unter seiner dicken Eishülle. Auf seiner Umlaufbahn um den Saturn sendet er Sprühnebel aus eisigen Partikel aus; diese bilden den E-Ring des Saturns. Auf ihrer von 2004 bis 2017 dauernden Saturnmission flog die US-Raumsonde "Cassini" mehrfach durch die Fontänen hindurch und sammelte mit dem "Cosmic Dust Analyzer" Eispartikel ein. In diesen Partikeln wurden zunächst auf Kohlenstoff basierende Moleküle mit den Elementen Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Schwefel nachgewiesen. Nun haben Wissenschafter in einer neuen Analyse Phosphor - den sechsten und letzten essentiellen Bestandteil des Lebens -nachgewiesen -; es ist der bisher stärkste Hinweis darauf, dass der Ozean von Enceladus bewohnbar ist.*

Nur wenige Welten in unserem Sonnensystem sind so faszinierend wie Enceladus, der eisige Ozeanmond des Saturn. Bilder der Voyager-Raumsonde aus den 1980er Jahren zeigten, dass dieser Mond zwar klein ist - er hat einen Durchmesser von nur etwa 500 Kilometern -, aber seine eisige Oberfläche ist an einigen Stellen bemerkenswert glatt und überall strahlend weiß. In der Tat ist Enceladus der am stärksten reflektierende Körper im Sonnensystem.

Der Mond stößt Sprühnebel aus eisigen Partikeln aus, die sich im Raum um seine Umlaufbahn ausbreiten und den E-Ring des Saturns bilden. Diese Sprühnebel treten in der Nähe seines Südpols aus vier großen, als "Tigerstreifen" bezeichneten Rissen in der kilometerdicken Eishülle aus und lassen warmes Salzwasser, Gase und Mineralien mit 1.300 Kilometern pro Stunde durch die Oberfläche ins All schießen. Abbildung1.

Abbildung 1. Der kleine Saturnmond Enceladus. A) Enceladus, kurz nachdem 2008 die NASA-Raumsonde Cassini bis auf 25 Kilometer an seine Oberfläche herangekommen war. B) Südliche Ansicht von Enceladus mit Darstellung des Inneren, das einen globalen Ozean aus flüssigem Wasser zwischen dem felsigen Kern und der Eiskruste zeigt. Laut Messungen befindet sich unter der südlichen Polarregion in einer Tiefe von etwa 10 Kilometern ein großes Meer, das von einer 30 bis 40 Kilometer dicken Eiskruste umgeben ist. Dieser unterirdische Ozean dürfte die beeindruckenden Sprühnebel speisen, die aus tiefen Spalten ("Tigerstreifen") auf der Mondoberfläche spritzen.(Die Dicke der hier gezeigten Schichten ist nicht maßstabsgetreu.) Bildnachweis: NASA/JPL/Space Science Institute, NASA/JPL-Caltech.

https://solarsystem.nasa.gov/moons/saturn-moons/enceladus/in-depth

Frühere Studien hatten bereits Anzeichen für fünf der für das Leben auf der Erde notwendigen Elemente - Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Schwefel - im Material aus dem Enceladus-Ozean entdeckt. In einer am Mittwoch in der Fachzeitschrift Nature [1] veröffentlichten Arbeit wurde nun Phosphor zu dieser Liste hinzugefügt. Das Vorhandensein dieses Elements gilt als die "strengste Voraussetzung für die Bewohnbarkeit", schreiben die Autoren in der Studie.

"Dies war im Grunde der letzte Puzzleteil, der nötig war, um den Ozean von Enceladus endlich als zweifelsfrei bewohnbar zu betrachten", erklärt Frank Postberg, Mitautor der Studie und Planetenforscher an der Freien Universität Berlin [2].

Die Entdeckung macht Enceladus "zum vielversprechendsten Ort, zur am niedrigsten hängenden Frucht in unserem Sonnensystem, um nach außerirdischem Leben zu suchen", äußert Carolyn Porco, eine Planetenforscherin, die nicht an der Studie beteiligt war, gegenüber Charles Q. Choi von National Geographic [3].

Phosphor ist ein wesentlicher Bestandteil des Lebens auf der Erde. Er ist nach Kalzium das am zweithäufigsten vorkommende Mineral im menschlichen Körper und spielt eine Schlüsselrolle bei der Bildung von Knochen, Zähnen, Zellmembranen und der DNA. Das Element ist Bestandteil von etwa 550 verschiedenen Mineralien auf der Erde und das zwölfthäufigste Element in der Erdkruste.

Bis jetzt hatten Astronomen noch nie Phosphor im Ozean einer anderen Welt detektiert, heißt es in der neuen Studie [1]. Von den sechs lebenswichtigen Elementen ist Phosphor "das bei weitem am wenigsten häufige im Universum", so Postberg gegenüber National Geographic [3].

Die Wissenschaftler konnten die neue Entdeckung dank der Daten der Raumsonde Cassini machen, die 13 Jahre lang den Saturn und seine Monde erforschte. Die Mission endete 2017 mit dem Eintauchen in die Atmosphäre des Saturns.

Mit den Informationen, die Cassini sammelte, stellte sich schnell heraus, dass Enceladus ein faszinierendes Studienobjekt war. Der Mond ist von einer eisigen Kruste bedeckt, wobei der globale Ozean zwischen dieser äußeren Schicht und dem felsigen Kern eingebettet ist. Eruptionen auf Enceladus schießen Fahnen aus Eiskörnern und Gas durch Risse in seiner Kruste ins All. Diese ausgestoßenen Materialien bilden den E-Ring des Saturns; durch die Untersuchung dieses Rings sollte man also mehr über das Innere des riesigen Ozeans erfahren könnte. Abbildung 2.

Abbildung 1. Am 28. Oktober 2015 hat Die Cassini Raumsonde der NASA den tiefsten Tauchgang durch die Fontänen von Enceladus gemacht. Bildnachweis: NASA Jet Propulsion Laboratory: Deep Dive into Enceladus Plume (screenshot)

https://www.youtube.com/watch?v=BZ1KowQXc3Y&t=11s

Die Forscher untersuchten die Cassini-Daten von 345 Eiskörnern aus dem E-Ring und wiesen in neun von ihnen Phosphate nach - chemische Verbindungen, die Phosphor enthalten. Sie fanden heraus, dass die Phosphorkonzentration im Ozean von Enceladus 100 Mal höher sein dürfte als in den Ozeanen der Erde.

Manasvi Lingam, Physiker am Florida Institute of Technology, hatte 2018 eine Arbeit veröffentlicht, in der er auf der Grundlage von Modellierungen argumentierte, dass Ozeane wie der von Enceladus weniger Phosphor als die der Erde enthalten würden. Lingam, der nicht an der neuen Studie beteiligt war, äußerte nun dazu, dass die Entdeckung "die Ergebnisse meines früheren Modells umstößt" [4].

Dennoch war sich das Team nicht sicher, wie Enceladus überhaupt zu solch großen Mengen an Phosphaten gekommen war. Also führten sie einige Laborexperimente durch, die darauf hindeuteten, dass der Ozean des Mondes viele gelöste Karbonate - wie Soda - enthält. Der sogenannte Soda-Ozean kann phosphathaltiges Gestein auflösen, was zu den hohen Phosphatkonzentrationen im Wasser führt, so Katrina Miller von der New York Times [5].

"Es würde niemanden überraschen, wenn es Phosphat im Gestein von Enceladus gäbe. Es gibt Phosphate auf Kometen ... das ist nichts Besonderes", so Postberg gegenüber Space.com. [4] "Das Besondere ist, dass es im Ozean gelöst und damit für die potenzielle Entstehung von Leben leicht verfügbar ist."

Die Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass Ozeane auf ähnlichen Welten, wie beispielsweise dem Jupitermond Europa, ebenfalls Phosphor enthalten könnten, schreibt National Geographic [3]. Die Frage ist nun, ob dieser bewohnbare Ozean tatsächlich Leben enthält.

"Wir wissen noch nicht, ob dieser sehr bewohnbare Ort tatsächlich bewohnt ist", so Postberg gegenüber der New York Times. "Aber es lohnt sich auf jeden Fall, danach zu suchen."


 [1] Postberg, F., Sekine, Y., Klenner, F. et al. Detection of phosphates originating from Enceladus’s ocean. Nature 618, 489–493 (2023). https://doi.org/10.1038/s41586-023-05987-9

[2] Becky Ferreira: Saturn’s Moon Enceladus Is Habitable, Confirms Breakthrough Study (14.06.2023). https://www.vice.com/en/article/5d99qz/saturns-moon-enceladus-is-habitable-confirms-breakthrough-study

[3] Charles Q. Choi: Discovery shows Saturn's moon has everything needed for life. (14.06.2023) https://www.nationalgeographic.com/premium/article/astronomers-detect-key-element-for-life-on-saturns-moon-enceladus?loggedin=true&rnd=1686797290637

[4] Sharmila Kuthunur: Saturn's moon Enceladus has all the ingredients for life in its icy oceans. But is life there? https://www.space.com/saturn-moon-enceladus-phosphorus-found

[5]Katrina Miller: A "Soda Ocean" on a moon of Saturn has all the ingredients of Life. https://www.nytimes.com/2023/06/14/science/enceladus-phosphorus-life.html


*Der vorliegende Artikel von Will Sullivan ist am 16. Juni 2023 unter dem Titel "Scientists Find Phosphorus—a Key Element for Life—on a Saturn Moon" https://www.smithsonianmag.com/smart-news/scientists-find-phosphorus-a-key-element-for-life-on-a-saturn-moon-180982385/  Der Artikel wurde von der Redaktion möglichst wortgetreu übersetzt und durch zwei Abbildungen und einen kurzen Text von der NASA-Seite https://solarsystem.nasa.gov/moons/saturn-moons/enceladus/in-depth ergänzt.

Smithsonian Institution (Smithsonian, https://www.si.edu/) ist eine bedeutende US-amerikanische Forschungs- und Bildungseinrichtung, die auch zahlreiche Museen, Galerien und den Nationalzoo betreibt. Das Smithsonian stellt seine komplette Sammlung nach und nach in elektronischer Form (2D und teilweise 3D) unter der freien CC-0-Lizenz kostenlos zur Weiterverbreitung zur Verfügung. Das Smithsonian Magazine (aus dem der obige Artikel stammt) bringt eine Fülle faszinierender, leicht verständlicher Artikelaus allen Bereichen der Natur und der Gesellschaften. https://www.smithsonianmag.com/?utm_source=siedu&utm_medium=referral&utm_campaign=home.


 

 

 

inge Thu, 22.06.2023 - 12:52