Mikroorganismen spielen eine entscheidende Rolle bei der Kohlenstoffspeicherung in Böden

Mikroorganismen spielen eine entscheidende Rolle bei der Kohlenstoffspeicherung in Böden

Sa, 17.06.2023— Redaktion

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Icon Geowissenschaften Böden können mehr organischen Kohlenstoff - d.i. Kohlenstoff in Form organischer Verbindungen - speichern als andere terrestrische Ökosysteme. Sie gelten daher als entscheidende Kohlenstoffsenken im Kampf gegen den Klimawandel. Eine bahnbrechende Studie zeigt nun, dass Mikroorganismen die entscheidende Rolle bei der Kohlenstoffspeicherung in Böden spielen. Die Ergebnisse der Studie haben Auswirkungen auf die Verbesserung der Bodengesundheit und die Eindämmung des Klimawandel.

Schon seit mehr als hundert Jahren haben sich Studien mit dem Kohlenstoff-Kreislauf im Boden befasst, wobei es hauptsächlich darum ging zu quantifizieren, wie viel organischer Kohlenstoff aus Laubstreu und den Pflanzenwurzeln in den Boden eingebracht und wie viel davon zersetzt und in Form von CO2 aus dem Boden an die Luft abgegeben wird. Wie viel an organischem Kohlenstoff dem Boden zugeführt wird, ist durch die pflanzliche Primärproduktion bestimmt, wie viel an organischem Material im Boden zersetzt wird - hauptsächlich durch Mikroorganismen - ist für die Geschwindigkeit der Freisetzung von CO2 und damit für die Treibhausgas-Konzentration ausschlaggebend.

Mikroorganismen und Kohlenstoffspeicherung

Dass Mikroorganismen bei der Bildung, Erhaltung und Zersetzung von organischem Kohlenstoff im Boden (soil organic carbon - SOC) eine sehr wichtige Rolle spielen, ist seit langem bekannt, und es wurden bereits enorme Anstrengungen unternommen, um Menge, Abbaubarkeit und Abbaugeschwindigkeit externer Kohlenstoffquellen in Böden zu verfolgen. Diese Untersuchungen haben bislang aber nicht zu einer hinreichend verbesserten Quantifizierbarkeit der Speicherung von SOC geführt. Wesentliche Fragen - welche Faktoren das Gleichgewicht zwischen Kohlenstoffspeicherung im Boden und Zersetzung von SOC mit schlussendlicher Abgabe von CO2 an die Luft beeinflussen, und wie mit dem Klimawandel zusammenhängende Faktoren sich auf die Mikroorganismen und ihre Funktion im Boden auswirken - blieben noch unbeantwortet. Die Rolle der Mikroorganismen wird bis jetzt mehr oder weniger in qualitativer Weise betrachtet, wie dies etwa in einem Übersichtsartikel im Jahr 2020 [1] veranschaulicht wird. Abbildung 1.

Abbildung 1. . Mikroorganismen im Kohlenstoffzyklus des Bodens. CO2 aus der Atmosphäre wird von Pflanzen (oder autotrophen Mikroorganismen) durch Photosynthese eingebaut und gelangt 1) in Form von einfachen organischen Verbindungen über Wurzelausscheidungen und in Form komplexer organischer Verbindungen über Blatt- und Wurzelstreu in den Boden. 2) Die organischen Verbindungen werden in der "Fabrik" der Mikroorganismen für Wachstum und Stoffwechsel genutzt und entweder 3) als CO2 in die Atmosphäre abgeatmet oder 4) in Form von teilweise zersetztem Material/Metaboliten und mikrobieller Nekromasse gespeichert. (Bild aus Dan Naylor et al., (2020) [1]; von Redn. mit deutscher Beschriftung versehen. Lizenz: cc-by.)

Entscheidender Faktor bei der Kohlenstoffspeicherung

Ein aus mehr als 30 Forschern bestehendes internationales Team hat kürzlich im Fachjournal Nature eine bahnbrechende Studie veröffentlicht: Mittels eines neuartigen Ansatzes wurde erstmals versucht die Vorgänge zu quantifizieren, welche die Dynamik des organischen Kohlenstoffs - Speicherung und Zersetzung - im Boden bestimmen. Wie sich herausstellte, ist die Effizienz der mikrobiellen Kohlenstoffnutzung (carbon use efficiency - CUE) der ausschlaggebende Faktor für die Relation zwischen Speicherung und Zersetzung. CUE ist dabei eine Messgröße, die anzeigt wie viel Biomasse aus dem aufgenommenen Substrat produziert wird:

CUE = produzierte Biomasse/aufgenommenes Substrat

CUE gibt an, wie viel aus den aufgenommenen organischen Verbindungen für das mikrobielle Wachstum und damit für den in Zellen und in abgestorbener Biomasse (Nekromasse) gespeicherten organischen Kohlenstoff verwendet wird und wie viel im Stoffwechsel der Zellen abgebaut wird und schlussendlich als CO2 in die Atmosphäre entweicht. Ein hoher CUE-Wert kann dabei für verstärktes mikrobielles Wachstum stehen, das zur Akkumulation von organischem Kohlenstoff im Boden führt, aber auch einen Anstieg in der Produktion von Enzymen bedeuten, die organisches Material zersetzen und damit einen Verlust von SOC mit sich bringen. Abbildung 2.

Abbildung 2. Wie wirkt sich eine hohe mikrobielle Effizienz der Kohlenstoffnutzung (CUE) auf die Speicherung von organischem Kohlenstoff im Boden (SOC) aus? Alternative a) Wachstum begünstigt durch erhöhte mikrobielle Biomasse, Nekromasse und Nebenprodukte die Speicherung von SOC. Alternative b) Erhöhte mikrobielle Biomasse kann über anschließende Enzymproduktion den Abbau von SOC fördern. (Bild aus Tao F. et al. (2023) [2], Lizenz: cc-by). )

Um herauszufinden, ob sich nun die Kohlenstoffnutzungseffizienz positiv oder negativ auf die Speicherung von SOC auswirkt, haben die Forscher die Relation zwischen CUE und SOC in umfassender Weise untersucht und auch welchen Einfluss die Wechselwirkungen mit Klima, Vegetation und Boden-Eigenschaften (edaphische Faktoren) darauf haben. Dazu haben sie eine Kombination aus Datensätzen auf globaler Ebene (Metaanalysen von global verteilten vertikalen Kohlenstoff-Bodenprofilen aus 173 Ländern) herangezogen, ein spezifisches mikrobielles Modell für Kohlenstoffprozesse im Boden entwickelt, das mit 57,267 Bodenkohlenstoffdaten kombiniert wurde und Deep Learning und Meta-Analysen eingesetzt.

Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen global eine positive Korrelation zwischen der mikrobiellen Kohlenstoffnutzungseffizienz und der Speicherung von organischem Kohlenstoff im Boden (Abbildung 3). Mehr organischer Kohlenstoff wird also für das mikrobielle Wachstum verwendet als für seinen Verlust in Zersetzungsprozessen, für die Frage wie viel organischer Kohlenstoff im Boden gespeichert wird, ist also das Wachstum der Mikroorganismen ausschlaggebender, als deren Stoffwechsel.

Abbildung 3. Eine Erhöhung der mikrobiellen Effizienz der Kohlenstoffnutzung (CUE) ist mit einer erhöhten Speicherung von organischem Kohlenstoff im Boden (SOC) verbunden. a) Die aus der Metaanalyse von 132 Messungen resultierende CUE-SOC Relation. b) Ergebnisse aus der Assimilierung aller verfügbarer Kohlenstoff-Bodenprofile (n = 57,267) an das Mikroorganismen-Modell. Beispiel für ein Bodentiefe von 0 - 30 cm. Niedrigere mittlere Jahrestemperaturen (MAT) sind mit höheren Speicherungen verbunden. (Bild: Ausschnitt aus Tao F. et al. (2023) [2], Lizenz: cc-by)

Wie die Studie zeigt, sind die mikrobiellen Prozesse entscheidend für die Speicherung von SOC. Wesentlich erscheint auch, dass die Kohlenstoffnutzungseffizienz in höheren Breitegraden (niedrigeren mittleren Jahrestemperaturen) höher ist, als in den wärmeren Zonen niedrigerer Breitegrade. Ein deep-learning Ansatz hat schließlich globale Muster von organischem Kohlenstoff im Boden in Abhängigkeit von sieben wesentlichen Prozessen im Kohlenstoff-Zyklus erzeugt: Daraus geht hervor, dass der Einfluss der mikrobiellen Kohlenstoffnutzungseffizienz auf die globale Speicherung und Verteilung von Kohlenstoff im Boden mindestens viermal stärker als der Einfluss anderer biologischer Faktoren oder Umweltbedingungen ist.

Schlussfolgerungen

Die neuen Erkenntnisse stehen am Anfang weiterer Studien zu einem besseren Verständnis der mikrobiellen Prozesse, die der Effizienz der Kohlenstoffnutzung zugrunde liegen. Untersuchungen mit unterschiedlichen Mikrobiomen, Substraten und landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsmethoden können in einer verbesserten Kohlenstoffspeicherung und Bodengesundheit resultieren und bei der Vorhersage von SOC-Rückkopplungen als Reaktion auf den Klimawandel helfen.


 [1] Dan Naylor et al.: Soil Microbiomes Under Climate Change and Implications for Carbon Cycling. Annu. Rev. Environ. Resour. 2020. 45:29–59. doi:10.1146/annurev-environ-012320-08272

[2] Tao, F., Huang, Y., Hungate, B.A. et al. Microbial carbon use efficiency promotes global soil carbon storage. Nature (2023). https://doi.org/10.1038/s41586-023-06042-3


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inge Sat, 17.06.2023 - 17:47